Wenn schließlich die Rahmenbedingungen für die Übernahme stimmen, wird die Bank eine Finanzierung im Rahmen der Existenzgründungsprogramme von LfA* und KfW* vorschlagen. Das sind zinsgünstige Kredite für junge Unternehmer, die teilweise sogar ohne eigene Sicherheiten vergeben werden können. Und weil es sich um staatliche Förderprogramme handelt, kommt es nicht darauf an über welche Geschäftsbank der Kredit beantragt wird: Die Konditionen sind überall gleich – und überall wird man, staatlichen Bürgschaften zum Trotz, zunächst einmal nach einer Sicherheit für den Kredit fragen.
Verfügt der Käufer des Studios also über eine entsprechend wertvolle Eigentumswohnung, steht dem Geschäft nichts mehr im Wege. Da dies in der Mehrzahl der Fälle eher unwahrscheinlich ist, drängt sich der Blick in die Verwandtschaft auf. Eltern, Tanten und Omas zeigen sich zwar in der Regel eher zurückhaltend, wenn der Nachwuchs um Geld für ein neues Cabrio bittet, geht es hingegen um die Existenzgründung, sieht die Sache anders aus. Denn Eltern und Verwandtschaft, die dem Nachwuchs bei dem Schritt in die Selbständigkeit helfen wollen, müssen dafür nicht das Sparbuch plündern, sondern "nur" der Bank eine entsprechende Sicherheit bieten. In vielen Familien sind solche Vermögenswerte ohnehin schon als spätere Erbschaft angedacht, so dass ein vorgezogener Zugriff auf das in Aussicht stehende Erbe für beide Parteien Sinn macht. Zugegeben, das ist der Idealfall. Ich kenne auch Fälle, wo eine Finanzierung durch Bank / KfW / LfA und/oder Familie nicht möglich ist. Dann müssen sich der Altbesitzer der Schule und sein Nachfolger auf einen Deal einigen: Der Altbesitzer stundet dem Erwerber den Kaufpreis ganz oder teilweise, und dieser wiederum verpflichtet sich, Jahr für Jahr den Gewinn dafür zu verwenden, dieses Darlehen zu tilgen. Ein Finanzierungsmodell, das im Geschäftsleben nicht ungewöhnlich ist. Denken Sie nur an die VW-Bank, die Ihnen zu günstigen Konditionen einen Kredit für den Kauf eines Volkswagens gewährt. Das Problem dieses Deals ist offenkundig; während der VW-Bank immerhin das neue Auto als Sicherheit dient, ist die einzige Sicherheit für den Verkäufer des Tanzstudios eben das verkaufte Tanzstudio. Wirtschaftet der neue Besitzer schlecht, wird kein Gewinn entstehen und der Kredit kann nicht zurückbezahlt werden. Im schlimmsten Fall wird der Verkauf rückabgewickelt und der Verkäufer steht mit seiner alten, mittlerweile heruntergewirtschafteten Schule im Regen. Deshalb wird in der Mehrheit der Fälle der ‚Altbesitzer‘ noch eine Weile an Bord bleiben, die Schule für ein paar Jahre mit dem Nachfolger gemeinsam führen und seine Anteile im Rahmen eines vorher festgelegten Zeitplanes Stück für Stück abgeben. Verstehen sich der Neue und der Alte gut, profitieren beide Seiten von dem Modell. Der alte Chef arbeitet im eigenen Interesse intensiv am weiteren Erfolg der Schule, der nachrückende Chef profitiert von in Jahrzehnten gewachsenen Erfahrungen und Beziehungen, und sowohl für Mitarbeiter als auch für Kunden gibt es eine ’soft transmission‘.
Die Nachteile für beide Seiten liegen auf der Hand; der Senior kann sich nicht über Nacht nach Thailand ausklinken und der Junior muss eine Reihe von Neuerungen im Betrieb erst mal für eine Weile zurückstellen. Von außen betrachtet vielleicht beides kein Nachteil!
Autor: Stefan Sixt