Die Kraft kann in der Kürze sein. Vier Minuten tanzt Friedemann Vogel diese Choreografie, die er gemeinsam mit Thomas Lempertz kreiert hat. In Roman Novitzkys so angemessenem wie bemerkenswertem Filmformat abrufbar, wiederholbar, ob der Kürze kein Problem, gut so.
“Not in my hands” von und mit Friedemann Vogel © Roman Novitzky
Der Tänzer in beängstigender Haltung, als gelte es Widerstand zu leisten, weit nach hinten gebeugt. Die Fäuste geballt, beim Anblick spürbar schmerzhaft. Tanz als Widerstand und Wut. Aber dann auch mitfühlbar, lindernde Bewegungen. In bittender Gebärde bei starker Kraft des Ausdrucks. Ein Mensch auf der Flucht vor dem, was er nicht abwenden kann. Aber alles andere als Ausflucht, jedenfalls im Tanz bei Friedemann Vogel. Hier führt sein Weg in tänzerischer Verinnerlichung zu sich selbst. Ein Moment verschmitzter Faunsironie zitiert die Ästhetik des Humor als Widerstand der Kunst.
Aus Traditionen klassischer Techniken, deren Beziehungen zum Spannungsfeld zwischen Endlichkeit und Unendlichkeit, zwischen Bezügen zur Höhe und Tiefe, dabei mit Momenten tänzerischer Leichtigkeit als Ausdruck existenzieller Erlösung, bei so authentischer wie lebenszugewandter Erkenntnis: NOT IN MY HANDS.
Dazu in Transkription für Klavier, Momente aus Mozarts Requiem, seinem letzten Werk, unvollendet, doch von schöpferischer Kraft: NOT IN MY HANDS.
Boris Gruhl