Leanne Benjamin, Foto Queensland Ballet
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Tänzernews #11

Neue Ballettdirektoren

Die ehemalige Royal-Ballet-Ballerina Leanne Benjamin wurde Ende Dezember zur Direktorin des Queensland Ballet in Australien ernannt. Sie folgt auf Li Cunxin, der sich aus persönlichen Gründen von dem Posten zurückzog. Benjamin war Erste Solistin des Royal Ballet und stammt ursprünglich aus Queensland. Im Jahr 2013 beendete sie im Alter von 49 Jahren ihre lange, erfolgreiche Tänzerkarriere und arbeitete seitdem als Ballettmeisterin und Coach.

Der Italiener Francesco Ventriglia wurde zum neuen Direktor des kanadischen Alberta Ballet ernannt, das in Calgary und Edmonton auftritt. Der heute 45-jährige Choreograf war Tänzer beim Ballett der Mailänder Scala, er begann dort auch zu choreografieren und leitete von 2010-2013 die Kompanie Maggio Danza am Opernhaus von Florenz und von 2014-2017 das New Zealand Ballet. Danach war er stellvertretender Direktor des Nationalballetts von Uruguay. Ventriglia folgt in Alberta auf die Direktoren Mikko Nissinen, Jean Grand-Maître und Christopher Anderson.

Der Choreograf Martin Harriague wurde zum neuen Ballettdirektor der Opéra Grand Avignon ernannt. Er tritt seinen Posten im September 2024 an und folgt auf Emilio Calcagno. Harriague tanzte in Marseille, dann bei Noord Nederlandse Dans in den Niederlanden und bei der Kibbutz Contemporary Dance Company. Als Choreograf arbeitete er u.a. fürs Malandain Ballet Biarritz, das Leipzig Ballett, das Hessische Staatsballett in Wiesbaden, das Chemnitz Ballett und für das Scapino Ballet Rotterdam.

Yosvani Ramos, ehemals Principal Dancer beim Colorado Ballet, wird neuer Direktor des Ballet de Monterrey in Mexico.

Rücktritte

Robert Battle, Direktor des Alvin Ailey American Dance Theater, ist aus gesundheitlichen Gründen von seinem Posten zurückgetreten. Er leitete die Kompanie seit 12 Jahren. Sein Stellvertreter Matthew Rushing wird die Kompanie leiten, die nun nach einem Nachfolger sucht.

Mit 83 Jahren ist Garth Fagan als Leiter seiner Kompanie Garth Fagan Dance in der Stadt Rochester im amerikanischen Bundesstaat New York von seinem Posten als Direktor zurückgetreten. Er wird weiter als Choreograf arbeiten, seine Nachfolgerin als Direktoren sind Natalie Rogers-Cropper und Norwood Pennewell. Garth Fagan wurde auch als Choreograf des Erfolgsmusicals “The Lion King” bekannt.

Christopher Powney, Direktor der Londoner Royal Ballet School, ließ am 3. Januar verlautbaren, dass er im Juli seinen Posten verlassen werde, wenn sein Vertrag ausläuft. Der heute 55-jährige Powney, zuvor Leiter der Nationale Balletacademie in Amsterdam, hatte die Direktion 2014 von Gailene Stock übernommen, sein Vertrag war dann 2019 um fünf Jahre verlängert worden. Die Royal Ballet School und andere englische Ballettschulen waren in den letzten Jahren mehrfach mit Vorwürfen von Mobbing und toxischem Verhalten der Lehrer konfrontiert worden.

Christopher Powney, Foto Royal Ballet School

Walzer

Alexei Ratmansky wird einen Walzer für den 66. Wiener Opernball am 8. Februar choreografieren. Zu „La Séparation“ des ukrainischen Komponisten Mykola Lyssenko (1842-1912) tanzen die Paare Elena Bottaro – Masayu Kimoto, Sonia Dvořák – Brendan Saye, Alice Firenze – Marcos Menha, Kiyoka Hashimoto – Alexey Popov, Hyo-Jung Kang – Davide Dato, Aleksandra Liashenko – Géraud Wielick, Ketevan Papava – Eno Peci und Claudine Schoch – Duccio Tariello. Die Wiener Ballettakademie tanzt zur Ecossaise aus „Eugen Onegin“ in einer Choreografie ihrer Leiterin Christiana Stefanou. Der Opernball ist im Fernsehen auf 3sat zu sehen.

Beförderungen, Neuzugänge und Abschiede

Beim Stuttgarter Ballett wurde die Erste Solistin Elisa Badenes im Dezember zur Kammertänzerin ernannt. Die Spanierin tanzt seit 2009 in Stuttgart, 2013 wurde sie zur Ersten Solistin ernannt. Elizabeth Toohey wird ab März 2024 Ballettmeisterin in Stuttgart. Sie war bereits in der Vergangenheit als Gastballettmeisterin bei der Kompanie. Toohey ist Australierin, sie tanzte beim Australian Ballet und war dort oft in Werken von John Cranko besetzt. Nach Beendigung ihrer Karriere war sie Assistentin des Direktors beim English National Ballet, Ballettmeisterin beim Royal Swedish Ballet und beim Australian Ballet. Zum Ende der Spielzeit 2022/23 hatten die langjährigen Ballettmeisterinnen Yseult Lendvai und Andria Hall jeweils aus persönlichen Gründen das Stuttgarter Ballett verlassen.

Elisa Badenes, Foto Carlos Quezada

Bei Het Nationale Ballett in Amsterdam wurde der georgische Tänzer Giorgi Potskhishvili nach einer Aufführung von “Raymonda” zum Ersten Solisten ernannt. Er ist vor allem für seine Sprungkraft bekannt. Direktor Ted Brandsen ernannte auch den Belgier Koen Kessels zum Chefdirigenten der Kompanie. Kessels ist bereits Chefdirigent beim Royal Ballet und wird diese Position behalten, er verlässt allerdings seinen Posten beim Birmingham Royal Ballet.

Giorgi Potskhishvili in „Raymonda“, Foto Het Nationale Ballet

Beim San Francisco Ballet wird sich die langjährige Erste Solistin und internationale Gasttänzerin Yuan Yuan Tan von der Kompanie verabschieden. Sie tanzt seit rekordverdächtigen 29 Spielzeiten in San Francisco und wird am 14. Februar als Marguerite in Frederick Ashtons „Marguerite and Armand“ verabschiedet. Sie wurde in Shanghai geboren und ausgebildet, dann wollte sie eigentlich an der Stuttgarter John-Cranko-Schule studieren, wurde aber 1995 von Helgi Tomasson direkt als Solistin nach San Francisco engagiert. Dort tanzte sie fast sämtliche Rollen des Repertoires, war eine wesentliche Muse des Choreografen Yuri Possokhov und wurde auch in Werken von John Neumeier besetzt. Yuan Yuan Tan möchte in freien Projekten weiter als Tänzerin auftreten. Beim San Francisco Ballet hat auch der Erste Solist Luke Ingham seine Karriere beendet.

Beim Ballett der Mailänder Scala wurde Mitte November die Erste Solistin Nicoletta Manni  nach einer Aufführung von „Onegin“ zur Etoile-Tänzerin ernannt. Sie tanzte mit Roberto Bolle, die Ernennung wurde zum ersten Mal an der Scala auf offener Bühne vorgenommen, von Opernintendant Dominique Meyer und Ballettdirektor Manuel Legris.

Beim Ballett der Oper in Rom wurde die Solistin Federica Maine von Generalintendant Francesco Giambrone und der Ballettdirektorin Eleonora Abbagnato zur Primaballerina ernannt, nach einer Aufführung des „Nussknackers“ in der Choreografie von Paul Chalmer. Sie tanzt seit 2015 in der Kompanie.

Beim Ballett der Pariser Oper wurden Inès McIntosh zur Première danseuse und Florent Melac zum Premier danseur ernannt.

Beim Australian Ballet wurden im Dezember Jill Ogai und Marcus Morelli von Direktor David Hallberg zu Principal Dancers ernannt.

Auszeichnungen und Preise

Die französische Choreografin Mathilde Monnier wurde mit dem Orden Officier de la Légion d’honneur ausgezeichnet.

Der Nürnberger Tänzer Edward Nunes, seit 2019 Mitglied in Goyo Monteros Kompanie, wurde mit dem Bayerischen Kunstförderpreis in der Kategorie Tanz ausgezeichnet. Kunstminister Markus Blume ehrte den Tänzer bei der Preisverleihung am 27. November. Nunes ist Brasilianer und studierte an der Bolschoi-Schule in Joinville. Die Kunstförderpreise sind mit je 6.000 Euro dotiert, Nunes ist bereits der neunte Künstler des Nürnberger Balletts unter der Leitung von Goyo Montero, der diesen Förderpreis erhält.

Kunstförderpreis für Edward Nunes von Staatsminister Markus Blume © Anna Schnauss

 

Der Stuttgarter Solist Fabio Adorisio wurde im September bei der „Galà dei Premiati“ im italienischen Padua für seinen Erfolg als italienischer Tänzer im Ausland geehrt. Den Vorsitz der Jury hat Alfio Agostini, Mitgründer und Chefredakteur des Tanzmagazins Ballet2000. Sein italienischer Kollege Daniele Silingardi, Halbsolist in Stuttgart, wurde im Dezember in Udine mit dem Giuliana-Penzi-Tanzpreis ausgezeichnet. Corps-de-ballet-Tänzer Vincent Travnicek, geboren in Mutlangen, erhielt im Januar den Kulturellen Förderpreis der Sudetendeutschen Landsmannschaft in der Kategorie „Darstellende und Ausübende Kunst“. Die Laudatio hielt Birgit Keil, ehemalige Erste Solistin und Kammertänzerin.

RIP

Joan Acocella at the 2011 National Book Critics Circle Award nominations, Quelle Wikipedia

Die amerikanische Ballettkritikerin Joan Acocella ist am 7. Januar 2024 im Alter von 78 Jahren in Manhattan verstorben. Sie schrieb u.a. für den New Yorker und fürs amerikanische Dance Magazine. Acocella verfasste u.a. auch eine Biografie des Choreografen Mark Morris, veröffentliche Aufsätze zum Ballett und war auch als Literaturkritikerin tätig.

Im Alter von 62 Jahren verstarb die italienische Ballettkritikerin Silvia Poletti, die von Florenz aus nicht nur für das Magazin Danza&Danza, sondern auch für mehrere italienische Tageszeitungen schreib, für das deutsche Magazin tanz und mehrere Webmagazine.

Silvia Poletti stellt das Ballett „Le Corsaire“ vor. Teatro Lirico de Cagliari © Priamo Tolu

In London starb  am 17. Dezember der Theaterdirektor und Netzwerker John Ashford, ehemaliger Leiter des wichtigen Londoner Off-Theaters The Place und eine der wichtigsten Persönlichkeiten des zeitgenössischen Tanzes in England. Er war ein früher Förderer freier und moderner Kompanien wie DV8, Adventures in Motion Pictures oder Random Dance von Wayne McGregor, er holte als Gäste ebenfalls die europäischen Zeitgenossen wie Sasha Waltz oder Wim Vandekeybus. Er rief den Choreografie-Wettbewerb The Place Prize ins Leben und gründete das Netzwerk Aerowaves für aufstrebende europäische Kompanien, eine lebendige Plattform auch für Tourneeveranstalter, bei der auch junge Kritiker gefördert wurden.

Anthony Russell-Roberts, langjähriger Verwaltungsdirektor des Royal Ballet sowie Neffe und Erbe Frederick Ashtons, ist am 15. Januar kurz vor seinem 80. Geburtstag gestorben. Russell-Roberts war von 1983-2009 der Artistic Administrator der Ballettkompanie am Royal Opera House, zuvor hatte er als Verwaltungsdirektor an Opernhäusern gearbeitet, etwa an der Pariser Oper. Unter Ballettdirektor Anthony Dowell war Russell-Roberts u.a. dafür verantwortlich, Tänzer wie Sylvie Guillem oder Igor Mukhamedov langjährig an die Kompanie zu binden. Vom Choreografen Frederick Ashton hatte er die Rechte an mehr als 30 Werken geerbt (alle, die Ashton nicht an bestimmte Tänzer wie Anthony Dowell oder Peter Schaufuss gegeben hatte) und war sowohl am Aufbau des Ashton Trust wie der Ashton Foundation beteiligt. Zu den Werken, deren Rechte er vergab, zählen „Marguerite and Armand”, „Scènes de Ballet“ oder „Sylvia“.

Anthony Russel-Roberts, Quelle Wikipedia