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Kritiken

Immer offen für Neues Abschied von der Bühne für den Tänzer Thomas Hartmann – Sein Weg begann in Dresden

Viele waren in den Malsaal des Zwickauer Theaters gekommen um den Tänzer Thomas Hartmann zu verabschieden, Gutes zu wünschen für den Ruhestand, hier, wo er seit 2009 als Ballettmeister und Choreograf entscheidende Akzente gesetzt hat. Und dies im Rahmen der sehr belieben Reihe „tanz +“, die er ins Leben gerufen hatte, um dem Austausch über die Varianten und Möglichkeiten der Tanzkunst Raum zu geben. In der jährlichen Umfrage wurde er im vergangenen Jahr zum Publikumsliebling gewählt.

Vor fast 50 Jahren, 1972, trat Thomas Hartmann sein erstes Engagement beim Ballett der Staatsoper Dresden an. Für den Tanz begeisterte sich der 1952 geborene in einer Saalfelder Kindertanzgruppe. Ausgebildet wurde er an der Palucca-Schule, an der Staatsoper, wo er bis 1993 tanzte, 1985 beim Übergang in die neue Semperoper auch die Leitung des Balletts übernahm, war er zunächst Gruppentänzer, bald Solist, wurde mit dem Titel Meistertänzer geehrt. So ging er seinen Weg einer außerordentlichen, künstlerisch, vielfältigen Entwicklung.

Thomas Hartmann mit Torsten Händler, der ihn 2009 ans Theater Plauen-Zwickau geholt hat.
Foto von Sermon Fortapelsson

Nach 1993 war er freiberuflich tätig, auch als Lehrender, 2009 begann er unter Ballettdirektor Torsten Händler seine Arbeit als Ballettmeister und Choreograf am Theater Plauen-Zwickau, die er fortsetzte unter der jetzigen Leitung von Annett Göhre. Sie erinnert sich daran, dass er ihr in einem der ersten Gespräche sagte: „Wer nicht offen ist für Neues, der ist am Theater falsch“. Ein künstlerisches Credo, das seine  Arbeit durchzieht. Auch er erinnert sich eindrücklich an jene Menschen, denen er es verdankt, dass er diesen Weg so gehen konnte.

Im Jahrbuch der Sächsischen Staatsoper von 1985/86 gibt es ein Porträt von ihm. Da ist die Rede davon, dass die Ausbildung natürlich die technische Beherrschung des Körpers vermittelte, er selbst nannte als wichtigste Lehrer Nina M. Ulanowa, Hans-Jürgen Lachotta und Jürgen Rost. Von der Begegnung mit Palucca ging ein besonderes, schöpferisches Klima aus, die eingenschöpferische Verantwortung wurde gefördert. Sowohl hier, als auch in einem Interview in den Dresdner Neuesten Nachrichten vom September 2000, jetzt schon mit den freiberuflichen Erfahrungen, sagte er noch, dass er ja nicht Tänzer von Geburt an sei: „Ich bin immer mehr Tänzer geworden. Das ist ein Prozess, in dem man lernt der Tanzsprache zu trauen“, und dies im Dialog mit anderen Künsten. Es gab keine Scheu vor der Gegenwart, im Tanz der Moderne, oder in der Musik des 20. Jahrhunderts, im konstruktiven Dialog mit der Klassik, oder auch mit der Rockmusik, wie er ausdrücklich betont, im Gespräch mit Ursula Fuchs-Materny.

Foto Ralph Köhler/propicture

Wer ihn erlebt hat, etwa damals im Großen Haus, wird sich erinnern, welche besonderen Akzente er zu setzen vermochte. Da gab es etliche Höhepunkte. Sehr eindrücklich Thomas Hartmann als „Der Tod“ in dem Antikriegsballett „Der grüne Tisch“ von Kurt Joss. Er tanzte in der über Dresdens Grenzen hinaus geschätzten Kreation „Der Dompteur“ von Emöke Pöstenyi, in Tom Schillings meisterhafter Choreografie „Abendliche Tänze“, um nur Beispiele zu nennen. Der Ausdruck bestimmte bei ihm immer den ganzen Körper, er hielt nichts von der starren Pantomime. In klassischen Rollen bestach er durch athletische Eleganz, niemals auf Kosten des individuellen Ausdrucks. So dürfte auch sein Coppelius, dann in der wieder eröffneten Semperoper, in „Coppelia“ mit Arila Siegert als Partnerin, in bester Erinnerung bleiben. Unvergessen, der Abend dann, gewissermaßen in der freien Szene, im Dresdner Societaetstheater, zum 30-jährigen Bühnenjubiläum, im Tanz durch die Genres, im Dialog mit den Künsten, mit anderen Künstlerinnen und Künstlern. Und da wären dann auch seine choreografischen Arbeiten beim Ballett in Plauen-Zwickau zu nennen, etwa sein rasantes „Ballett für fünf Männer“ von 2011.

Nach ihren Erinnerungen befragt sagt Ballettdirektorin Annett Göhre, wie wichtig es für sie war, dass er sie mit großer Offenheit als Partner unterstützt habe. Sie habe auch viel von ihm und seinen Erfahrungen gelernt, sie schätze auch seine Ehrlichkeit, seine Offenheit, seine Partnerschaft in der künstlerischen Arbeit. Und ganz im Sinne des Mottos, „tanz +“ wurde es ein dynamischer Abschied, mit viel Tanz, vielen dankbaren Erinnerungen und vielen guten Wünschen. 

Boris Gruhl