Die Heinz-Bosl-Stiftung und das Bayerische Junior Ballett München trauern zutiefst um Colleen Scott. In großer Anteilnahme mit unserem Stiftungsratsvorsitzenden und Künstlerischen Leiter Ivan Liška und seiner Familie nehmen wir Abschied von einer Frau mit sehr großem Herzen. Colleen Scott starb am vergangenen Sonntag, 9. Mai nach einem Unfall im häuslichen Umfeld.
Colleen Scott, geboren am 6. September 1945 im südafrikanischen Durban, erhielt ihre grundlegende Tanzausbildung bei Eileen Keegan in Durban. Nach einem ersten Engagement bei der PACT Ballet Company in Johannesburg absolvierte sie noch zwei Studienjahre an der Londoner Royal Ballet School und begann dann ihre eigentliche Karriere 1967 beim Ballett der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf unter Erich Walter. Hier lernte sie auch ihren Ehemann Ivan Liška kennen, mit dem sie später zwei Söhne haben sollte. Unter Erich Walter begann ihre Entwicklung zu einer der profiliertesten und kreativsten Ballerinen ihrer Generation. 1974 wechselte sie zum Ballett der Bayerischen Staatsoper in München, bis sie 1977 in Hamburg bei John Neumeier ihre endgültige tänzerische Wirkungsstätte gefunden hatte. Neumeier kreierte für sie eine ganze Reihe von Partien, die mit ihrem Namen verbunden bleiben werden, darunter die Dulcinea in seinem „Don Quixote“, die Ginevra in der „Artus-Sage“ oder die Celia in „Wie es Euch gefällt“.
Daneben tanzte sie die großen klassischen Hauptrollen in „Schwanensee“ oder „Dornröschen“ auf höchstem internationalem Niveau und überzeugte nicht weniger als hinreißende dramatische Ballerina in den Cranko- und Neumeier-Meisterwerken von „Onegin“ und „Der Widerspenstigen Zähmung“ bis „Kameliendame“, „Ein Sommernachtstraum‘“ und „Endstation Sehnsucht“.
Mit der Berufung von Ivan Liška zum Direktor des Bayerischen Staatsballetts in München eröffnete sich ihr 1996 für zwei Jahrzehnte eine weitere Karriere. Als Trainingsmeisterin mit einer sehr dezidierten, von der englischen Schule grundierten Einstellung trug sie entscheidend zum tänzerischen Profil der Company bei. Als Ballettmeisterin und Coach konnte sie ihre Erfahrung mit den großen dramatischen Partien ebenso weitergeben wie ihre Prägung durch die Arbeit mit legendären Choreographen der Moderne von Gerhard Bohner bis Hans van Manen. Musikalität, Wahrhaftigkeit und Leidenschaft waren die Leitmotive ihres Wirkens.
Zuletzt kam ihre Erfahrung dem Bayerischen Junior Ballett München zugute, das Ivan Liška als Direktor der Heinz-Bosl-Stiftung leitet. Hier hatte sie entscheidenden Anteil an der Einstudierung von Gerhard Bohners „Triadischem Ballett“, das sie 1977 mit kreiert hatte. Noch wenige Tage vor ihrem völlig unerwarteten Tod hat sie mit dem Bayerischen Junior Ballett ein Beispiel für den Stil von Isadora Duncan erarbeitet. Die filmische Dokumentation dieser Arbeit wird als Teil des derzeit digital stattfindenden Münchner Festivals „Dance 2021“ gezeigt.