© Roman Novitzky
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Der Internationale Tag des Tanzes – Botschaft von Sue-jin Kang

Wie jedes Jahr wird am 29. April, dem Geburtstag des Tänzers und Choreografen Jean-Georges Noverre, der Internationale Tag des Tanzes begangen. Zur Feier dieses Tages gibt es auf der Webseite des International Theatre Institute ITI, eine Institut der UNESCO, eine einstündige Online-Feier mit Tanzbeiträgen aus Europa, Amerika, dem asiatisch-pazifischen Raum, Afrika und dem arabischen Raum. 

Sie beginnt am 29. April um 14 Uhr, Link: www.international-dance-day.org

In diesem Jahr stammt die Botschaft von Sue-jin Kang, Direktorin des Koreanischen Nationalballetts und ehemalige Erste Solistin beim Stuttgarter Ballett.

© Roman Novitzky

Ihre Botschaft:

Die Covid-19-Pandemie hat das Leben beendet, das wir als so frei erfahren hatten, und im Zentrum dieser Tragödie zu stehen, lässt uns die Bedeutung von „Tanz“ und „Tänzern“ neu überdenken. In der fernen Vergangenheit war Tanz ein ganz direktes, ursprüngliches Ausdrucks- und Kommunikationsmittel mittels Gesten; er wurde zu einer Darstellungskunst, die die Seele bewegte und das Publikum inspirierte. Tanz ist eine zeitgebundene Kunst, die nach ihrer Fertigstellung nur schwer wieder in ihre ursprüngliche Form gebracht werden kann, da sie mit dem ganzen Körper und der ganzen Seele geschaffen wird. Tanz besteht aus flüchtigen Momenten, was Tänzer dazu bestimmt, auf ewig in Bewegung zu sein. Und doch hat Covid-19 die Tanzkunst in ihrer ursprünglichen Form eingeschränkt und sogar blockiert.

Auch wenn sich die Situation derzeit verbessert, unterliegen Tanzaufführungen immer noch vielen Einschränkungen. Dies lässt uns die kostbaren Erinnerungen an Zeiten rühmen, als Tanz und Tänzer wie Juwelen funkelten, als die menschliche Qualen und Ängste, Willen und Hoffnung für das Leben vermittelten und die Welt erleuchteten.

Ebenso ist es wichtig, sich daran zu erinnern, dass aus den Nachbeben des Schwarzen Todes im mittelalterlichen Europa heraus das Ballett „Giselle“ am 28. Juni 1841 in der Pariser Oper aufgeführt wurde, das die Liebe über den Tod hinaus darstellt und eine explosive Publikumsresonanz fand. Seitdem wurde „Giselle“ in ganz Europa und auf der ganzen Welt aufgeführt, um die von der Pandemie getroffenen Seelen der Menschheit zu trösten und zu ermutigen. Es ist mein Verständnis, dass in dieser allerersten Aufführung von „Giselle“ der großartige Geist einer Ballerina demonstriert wurde, die versucht, der Schwere der Nöte dieser Welt zu entkommen.

Das einsame und müde Publikum dürstet nach dem Mitgefühl und Trost der Tänzer. Als Tänzer glauben wir, dass unser Flügelschlag den Herzen derer, die die Kunst des Tanzes lieben, Hoffnung und den Mut gibt, diese Pandemie zu überwinden.

Mein Herz beginnt bereits zu schlagen.

Sue-jin Kang