Den Offenen Brief eines Zusammenschlusses mehrerer bayerischer Theater an Herrn Ministerpräsidenten Dr. Söder und Herrn Staatsminister Sibler sowie an die Kulturdezernent*innen und Bürgermeister*innen, betreffend die aktuellen Lockdown-Maßnahmen für Theater.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Dr. Söder,
sehr geehrter Herr Staatsminister Sibler,
sehr geehrte Bürgermeister:innen, Kulturdezernent:innen und Referent:innen,
wir, die künstlerischen Ensembles der Städte Augsburg, Bamberg, Nürnberg, Regensburg, Fürth, Würzburg, schließen uns dem dringlichen Appell der Münchner Kolleg*innen vom 28.10.2020 von ganzem Herzen an.
Wir verstehen Ihre Besorgnis um die steigenden Infektionszahlen, und wir teilen sie in vollem Umfang. Deshalb haben sich sämtliche bayerischen Theater in den letzten Monaten ein äußerst strenges Hygienekonzept auferlegt und es penibel eingehalten.
Die Sicherheit unserer Zuschauer*innen ist uns äußerst wichtig.
Die Belüftungsanlagen sind während des gesamten Spielbetriebs in Betrieb und gewährleisten einen durchgehenden Frischluftaustausch. Der Abstand zwischen den Zuschauer*innen in den Zuschauer*innen-räumen und Foyers übertrifft weit den geforderten Mindestabstand von 1,50 m. Während der Vorstellung tragen alle Zuschauer*innen einen Mund-Nasen-Schutz. Die Zuschauerzahlen sind durch die stark verkleinerten Kartenkontingente zu den Vorstellungen so reduziert, dass zu keinem Zeitpunkt eine Infektionsgefahr durch Nähe entstehen kann: Sämtliches Personal im Vorderhaus, im Kartenverkauf und an der Garderobe ist sowohl durch Mund-Nasen-Schutz als auch zusätzliche Plastikvisiere abgeschirmt.
Kolleg*innen haben sich zusätzliche private Beschränkungen auferlegt, und auch Reisen zum Zwecke künstlerischen Austausches wurden nicht angetreten, um unter allen Umständen einen Spielbetrieb im eigenen Theater zu gewährleisten. Auch die freischaffenden Künstler*innen, die an den Theatern eine Wirkungsstätte haben, sind davon betroffen.
Seit Beginn der Maßnahmen gibt es keinen Hinweis darauf, dass Theater zu Orten von Spreader-Ereignissen geworden sind. An dieser Stelle können wir nur den Brief der Münchner Kolleg*innen zitieren und dazu auffordern, durch Expert*innen die jeweiligen Theater zu prüfen, um der Regierung die Möglichkeit einer realistischen Einschätzung an die Hand zu geben.
Sämtliche Theater in Bausch und Bogen zu schließen, hat im Hinblick auf den Infektionsschutz keinen Nutzen.
Und es ist schädlich!
Kultur ist kein Luxus, sondern eine zwingende Notwendigkeit jeder zivilisierten Gesellschaft!
Wenn Sie, Herr Ministerpräsident, von einem „fehlenden Run auf die Theater“ sprechen, so liegt das schlicht an dem sehr beschränkten Kartenkontingent. Die wenigen Karten wurden sofort von den Zuschauer*innen in Anspruch genommen.
Die Theater sind ein Ort, wo ein wichtiger gesellschaftlicher Diskurs ermöglicht wird, ein gemeinsamer gedanklicher und emotionaler Austausch in diesen schwierigen Zeiten. Wir wirken durch gemeinsames Erleben wertvoller Narrative einer drohenden zunehmenden Vereinsamung entgegen. Durch diese pauschale Schließung wird eine kostbare Möglichkeit vertan, einer zunehmend verunsicherten Gesellschaft einen Ort der Besinnung und des Ausgleichs anzubieten.
Und diese pauschale Schließung ist unverständlich für die, die sich um die Ausarbeitung und Umsetzung der von der Politik vorgegebenen Hygienemaßnahmen bemüht haben. In Konsequenz ist die Aussage Ihres Schließungsbeschlusses das Eingeständnis, dass alle Vorgaben, alle Hygienekonzepte wertlos sind. Es fühlt sich wie eine Kapitulation vor der Pandemie an. Lassen Sie uns die Chance, dem gemeinsam entgegenzuwirken, indem wir die kreativen Orte in unserer Mitte offen halten!
Ensemblemitglieder des Staatstheater Augsburgs,
des ETA Hoffmann Theater Bambergs,
des Mainfrankentheater Würzburgs,
des Stadttheater Fürths,
des Staatstheater Nürnbergs,
des Theater Regensburgs,
des Theaters Pfütze (Nürnberg),
des Theaters im Gärtnerviertel (Bamberg),
des Nana Theaters im Club Kaulberg (Bamberg),
des Landestheater Schwabens,
des Theater Mummpitz (Nürnberg)
Offener Brief der Theaterleitungen zur Schließung der Theater in Mecklenburg-Vorpommern
Sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin Schwesig,
sehr geehrte Frau Ministerin Dr. Martin,
die Leitungen der öffentlich getragenen Theater in Mecklenburg-Vorpommern richten heute ihre gemeinsame Stimme an Sie. Unsere Gesellschaft befindet sich durch die Corona-Pandemie in einer Notlage und natürlich sehen wir es als unsere Pflicht und Verantwortung, unseren Beitrag zur Bewältigung dieser Notlage zu leisten. Dazu gehört zuallererst, die Gesundheit unserer Mitarbeiter und Besucher zu schützen, entsprechende Hygiene-Vorkehrungen zu treffen und als letzte Maßnahme auch, wo nicht mehr anders lösbar, unseren Spielbetrieb zeitweise einzustellen, um Kontakte unter unseren Besuchern zu verhindern. Für die Bewältigung der gesellschaftlichen Notlage bringen wir aber weit darüber hinaus zentrale Kompetenz und Verpflichtung mit: Kunst lässt uns unsere Existenz und unsere gesellschaftliche Realität reflektieren. Sie hat zur Aufgabe, die jeweilige Zeitsituation aufzugreifen, zu verarbeiten und zu vermitteln. Kunst und kulturelles Leben geben uns Identität, Halt und Kraft.
Wir sorgen uns, dass unsere zentrale gesellschaftliche Rolle im Gefecht schnell notwendiger Entscheidungen aus dem Blick gerät und unsere Kompetenz und Kraft nicht zu den Menschen gelangt.
Sollten wir alle noch längere Zeit mit der Pandemie leben müssen, so ist es für unsere Gesellschaft von höchster Wichtigkeit, dass der lebendige Kontakt zwischen Künstlern und Publikum aufrechterhalten wird.
Wir müssen gemeinsam darüber reden, auf welche Weise und unter welchen Bestimmungen wir den Spielbetrieb ab dem 1. Dezember auf sichere und verantwortliche Weise wiederaufnehmen können. Auch in den kommenden Wochen und Monaten werden Sie weitere schwierige Entscheidungen, u.a. auch zum Spielbetrieb der Theater treffen müssen. Wir wollen mit Ihnen zusammenarbeiten, um unsere Möglichkeiten bei der kulturellen Bewältigung der Pandemie ausspielen zu können und um Mecklenburg-Vorpommern als Land voller Lebensqualität, Natur und Kultur, gerade auch in herausfordernden Zeiten, zu erhalten.
Mit freundlichen Grüßen,
Martin Schneider Vorpommersche Landesbühne, Anklam
Sven Müller und Malte Baehr
Theater und Orchester GmbH Neubrandburg/Neustrelitz
Ralph Reichel und Cornelia Ascholl Volkstheater Rostock
Dirk Löschner und Peter van Slooten
Theater Vorpommern, Stralsund, Greifswald und Putbus
Lars Tietje
Mecklenburgisches Staatstheater, Schwerin und Parchim