Sebastian Weber Dance Company, „Folk Fiction“ © Tom Dachs
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STEPPTANZ UND BALLETT

NÄHER BEIEINANDER ALS GEDACHT?

Der in Leipzig lebende Tänzer und Choreograf Sebastian Weber gilt als einer der Spezialisten für die Formate des Stepptanzes, weil er Facetten dieser Kunstform im Dialog mit der Ästhetik zeitgenössischer Tanzkunst choreografiert. Für ihn ist dieser Tanz in den Traditionen des Jazz Tap verwurzelt, was aber nicht dem Anliegen widerspreche, ihn in zeitgemäßen Formen auf die Bühne zu bringen. Im Gespräch berichtet er über seine Anfänge und Absichten. 

Wann fing es an mit dem Tanz? Gab es Vorbilder, Förderer?
Mit 17 war ich als Austauschschüler ein Jahr in den USA, in Kansas. An der High School gab es Parties. Es war üblich, Mädchen um ein „Date“ zu fragen. Ich war zu schüchtern, bin allein gegangen, habe auf der Tanzfläche abgerockt, so wie das zuhause, in Freiburg, alle gemacht haben. Hier war das irgendwie bemerkenswert, ich bekam einen Ruf als Tänzer. Also hat mich die Besitzerin einer Tanzschule eingeladen. Sie meinte, ich müsse erst mal Ballett lernen, das sei die Basis für alles. Ich hatte noch nie irgendeinen Tanzkurs besucht. Aber dann habe mich sofort von ihrer Begeisterung für den Tanz anstecken lassen.

Gleich Stepp?

Am Anfang habe ich nur Ballett getanzt, ein Witz, weil ich da völlig talentfrei bin! Aber die Ballerinen waren froh, dass mal ein Mann da war, mit dem man Hebungen und Partnering üben konnte. Ich war so ahnungslos, ich habe mich für den nächsten Baryschnikow gehalten. Das ging so weit, dass mein Aufenthalt um einen Monat verlängert wurde, damit ich in Boston gute Ballettschulen besuchen konnte. Dort bin ich durch Zufall in eine Aufführung mit dem Titel „The Great Tap Reunion“ geraten, mit den größten Legenden des Stepptanzes. Sie wurden meine Helden: Chuck Green, Buster Brown, Steve Condos, die Nicholas Brothers… Lichtgestalten des Jazz Tap, sie haben Geschichte geschrieben. Ihr Tanz hatte weit über die Bühne hinaus Bedeutung.

Sebastian Weber © Gesa Volland

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Und wo setzt du eine klare Grenze zwischen Athletik und Ästhetik?

Athletik ist für mich überhaupt keine relevante Größe. Meine Stücke sind sehr anstrengend zu tanzen, so dass wir viel in unsere Fitness investieren. Aber wir zeigen keinen Sport. Es geht um ästhetische Erfahrung, Inspiration. Ich bin bei aller altersgemäßen Intellektualisierung immer noch so naiv und weltverbesserisch unterwegs wie damals in Kansas: Ich „glaube“ an den Tanz. Athletik spielt keine Rolle.

Dies mag auch einer der Gründe sein für die konstruktive, kontinuierliche Zusammenarbeit mit dem LOFFT – DAS THEATER in Leipzig, eine der ersten Adressen des zeitgenössischen Tanzes. Dazu sagt Anne-Cathrin Lessel als künstlerische Leiterin und Geschäftsführerin: „Seit fast 20 Jahren sind Sebastian Webers Arbeiten kontinuierlich im LOFFT – DAS THEATER zu sehen. Seitdem unterstützen wir seine Projekte, den Aufbau und die Etablierung seiner eigenen Company in Leipzig. Erfreulicherweise gelang dies für die vergangenen drei Jahre noch intensiver im Rahmen der Konzeptionsförderung des Kulturamtes der Stadt Leipzig. Sebastian Weber zeichnet sich durch seine einmalige tänzerische Handschrift aus. Seine Art, Stepptanz zu produzieren, bricht mit Stereotypen und erweitert auf eine besondere Art das Spektrum des zeitgenössischen Tanzes. Er ist wie kein anderer in Sachsen mit der internationalen Stepptanz-Szene vernetzt. Dies zeigt auch die Diversität und Internationalität seiner eigenen Sebastian Weber Dance Company, deren Tänzer*innen für die künstlerische Arbeit zwischen Leipzig und acht verschiedenen Ländern pendeln.“

Boris GRUHL

 

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