15 Jahre Staatstheater Nürnberg Ballett unter Goyo Montero
Interview von Vesna Mlakar
Mit Vorliebe für Außergewöhnliches schreibt ein Spanier seit 2008 in der mittelfränkischen Metropole Tanzgeschichte. Goyo Monteros eigene – so kraft- wie geheimnisvolle – choreografische Schöpfungen (32 sind es aktuell!), die oft überraschen und stets meisterhaft ins Schwarze treffen, ziehen das – nicht nur heimische – Publikum schier magisch an. In kürzester Zeit ist es ihm zudem gelungen, Nürnberg durch ein überaus signifikantes Gäste-Repertoire auf die europäische Ballett-Landkarte zu setzen: das „Ballettwunder Nürnberg“ eben.
VESNA MLAKAR: Wie blickst Du selbst auf deine Anfänge in Nürnberg zurück?
GOYO MONTERO: Anfangs hatte ich überhaupt keine Erfahrung als Ballettdirektor. Das war eine riesige Herausforderung. Ich musste bei Null beginnen. Aber Staatsintendant Peter Theiler erlaubte mir, mein eigenes Team (Ballettmeister, Repetitor etc.) mitzubringen, was selten der Fall ist. Nur Dorothea Mosl, meine persönliche Referentin, hatte vorher schon mit meiner Vorgängerin Daniela Kurz zusammengearbeitet. Sie wollte bleiben, meinen Weg begleiten und wurde ein wichtiger Teil unseres Erfolgs der letzten 15 Jahre.
Das Formen eines Teams und einer neuen Kompanie war also Dein erster Schritt …
Ja – und dabei hatte ich großes Glück. Wir führten zwei Auditions durch – eine in Spanien, die andere in Nürnberg – und schauten uns dabei über 500 Leute an, um dann mit den ersten 16 Tänzerinnen und Tänzern loszulegen. Die meisten waren sehr jung, mit wenigen Jahren Berufserfahrung. Einige brachte ich aus Spanien mit, aus Kompanien, die ich kannte bzw. Tänzer, die mit mir arbeiten wollten. Fast alle sind die ersten 10 Jahre geblieben. Heute beschäftigen wir 24 Ensemblemitglieder.
Wie hat Euch das Publikum aufgenommen?
Auch hier mussten wir alles neu aufbauen. Die Zuschauer waren geprägt von den mehr auf Tanztheater fokussierten Arbeiten meiner Vorgängerin, ihrer Ästhetik und Technologieverbundenheit. Dann kamen wir und machten etwas total anderes. Ich änderte auch den Namen der Kompanie von „Tanztheater“ in „Ballett“. Aufgrund meiner Biografie dachten alle, ich würde jetzt klassisches Ballett in Tutus zeigen. Unser erstes Programm war „Benditos, Malditos“ („Gesegnete, Verdammte“) in der Tafelhalle: reiner zeitgenössischer Tanz – Bewegung mit viel Physikalität und mit der Persönlichkeit unserer Tänzer. Und ich habe selbst auch noch mitgetanzt. Das war unser Startschuss und der Beginn einer Liebesgeschichte mit unserem Publikum.
Seither erfreut sich das Staatstheater Nürnberg Ballett eigentlich ununterbrochen einer ungemein positiven Resonanz.
Die Leute kamen, und sie sind mit uns, mit unseren Projekten gewachsen. Wir können uns verstärkt ins Experimentelle, mehr ins Neoklassische oder Zeitgenössische wagen. Man vertraut uns und unserer Programmatik. Dieses Jahr haben wir mehr als 95% Auslastung – in einer Zeit, nach der Pandemie, wo keineswegs jedes Haus in jeder Stadt selbstverständlich voll wird und manche Sparten teils sogar 30% weniger Zuschauer verzeichnen. Zu uns dagegen kommen so viele wie nie. Das wird hoffentlich so bleiben. Ich sehe darin aber gleichzeitig auch eine große Herausforderung und Verantwortung. Viele hier kennen alle meine Arbeiten seit nunmehr 15 Jahren. Da kann ich mich nicht bequem zurücklehnen oder mich wiederholen, sondern muss ständig Neues entdecken und ausprobieren.
Fotos: © Jesús Vallinas
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