Innovativ sein gehört zwingend zum jungen Urban Dance Style. Und so ist es nur natürlich, dass in unserer Liveturnier-losen Epedemiezeit eine Meisterschaft auch virtuell möglich ist. Das Tanzzentrum Müller in Wolfratshausen hat es gewagt und via Zoom eine Bayerische Online-Meisterschaft veranstaltet. Klar, dass es da technische Schwierigkeiten gab, wenn die Formate der eingeschickten Videos von Zoom verweigert wurden, die jedoch auf dem Handy liefen. Also hielt man das Handy vor die Kamera und ab ging die Post. Kein Problem – weder für die Zuschauer vor dem Computerbildschirm noch für die Wertungsrichter, die, immer eingeblendet, schon mal konzentriert am Bleistift nagten. Auch bei minderer optischer Qualität konnte man die gezeigten Moves ausmachen.
Tanzlehrer sind eben keine Informatiker, aber nach einer Stunde kam kundige Hilfe, und ab da ging es rasant voran im überreichen Programm. Turnierleiterin Marie-Therese Müller und ihre kundige Crew behielt cool die Nerven nach dem Motto „Wir können Probleme“. Zwischendurch legte DJ Lukas Urschel den passenden Sound auf. Dass in den Vorrunden gleich vier Teilnehmer parallel auf dem Bildschirm erschienen, erleichterte auch für den Zuschauer einen Vergleich. Zehneinhalb Stunden lang gab es 175 Vorführungen zu sichten in vielen Gruppen, in Solo und Duo: Mini-Kids, Kids, Junior 1 und Junior 2, Adults (jeweils in drei Klassen eingeteilt) und schließlich die Profileague. Besonderes Highlight: der Breakdance.
Eine beeindruckende Show an Bewegungsfreude, Rhythmik, Elastizität und Ideenreichtum! Spannend auch die Locations: etliche Studios, Flur, Kinder- und Wohnzimmer, Keller, verschneiter Parkplatz, Tiefgarage, Fußgängerbrücke oder Unterführung, direkt auf der Straße über dem Gullydeckel. Manche entdeckten auch passende Graffitis. Und für den Breakdance musste es schon eine Garage mit Bike und ölverschmiertem Boden sein.
So gerieten die Darbietungen zum immer gleichen Sound individuell und richtig ansteckend. Nicht nur für die Zuschauer vor dem Bildschirm, sondern auch für den Zuschauer während der Videoaufnahmen. Da hat es sich der kleine Bruder wohl nicht nehmen lassen, dabei zu sein. Während die beiden Mädels im Vordergrund tanzten, hüpfte er im Hintergrund von Couch zu Couch und reckte seine Ärmchen. Tanznachwuchs scheint beim Urban Style kein Problem zu sein – wenn auch die Frauen-Power bei weitem überwiegt.
Urban Dance erreicht jedenfalls Kinder und Jugendliche und könnte ihnen den Lockdown erleichtern. Wie wäre es denn, wenn sie zwischen ihren Unterricht-Zoom-Meetings auch einmal eine Turnstunde der anderen Art bekämen und sich mal so richtig ausarbeiten könnten: zu ihrer Musik, mit ihren Moves! Eltern wären da sicher dankbar für so ein Angebot. Und vielleicht könnte man so auch verhindern, dass zehnjährige Jugendliche nach ihrer Sportlichkeit befragt antworten: Purzelbaum? Kann ich nicht mehr… Mit acht ging das noch.
Ute Fischbach-Kirchgraber
Fotos: Thomas Kirchgraber
