Foto: Heinz-Bosl-Stiftung
NewsNews & Events

Heinz-Bosl-Stiftung: Was bedeutet es, ein Repertoire aufrechtzuerhalten und zu pflegen?

Ein besonderer Grund für alle Ballettfreunde in München sind die diesjährigen Frühlings-Matineen der Heinz-Bosl-Stiftung am Donnerstag, 21. Mai 2020 und Sonntag, 24. Mai 2020 im Nationaltheater München . Die Studierenden aller Ausbildungsstufen der Ballett-Akademie der Hochschule für Musik und Theater München präsentieren ihr Können in «diVERDIssement», einer Choreografie von Kirill Melnikov zur Musik von Giuseppe Verdi, live begleitet vom VOLTA-Ensemble unter der Leitung von Mark Pogolski.
Jörg Mannes nimmt den 250-jährigen Geburtstag von Ludwig van Beethoven zum Anlass, für das Bayerische Junior Ballett München auf das 4. Klavierkonzert das Stück «Unsterbliche Geliebte» zu choreografieren. Die musikalische Umsetzung erfolgt mit der Pianistin Julia Hermanski und dem ATTACCA Jugendorchester der Bayerischen Staatsoper unter der Leitung von Allan Bergius. Wir sind stolz darauf, diese fruchtbare Kooperation fortsetzen zu können. Ebenfalls mit dem Bayerischen Junior Ballet München hat Terence Kohler ein kleines Werk mit dem Arbeitstitel «​Landscape», Musik von John Cage, kreiert.

In jeder neuen Spielzeit muss sich Ivan Liška, der künstlerische Direktor des Bayerischen Junior Balletts München, nicht nur Gedanken darüber machen, welche neuen Stücke eine künstlerische und technische Herausforderung für die jungen Tänzer bedeuten, sondern auch überlegen, welche bereits einstudierten Stücke geeignet sind, damit auf Tour zu gehen. Denn die zahlreichen Gastspiele im In- und Ausland gehören zum Konzept des Bayerischen Junior Balletts München.
Gewöhnlich werden die Neu-Kreationen in den Matineen der Heinz-Bosl-Stiftung uraufgeführt. Aber es muss auch berücksichtigt werden, dass die TänzerInnen dem Junior Ballett nur maximal zwei Jahre angehören. Das bedeutet, auch immer wieder auf bereits Vorhandenes zurückzugreifen, um bestimmte Werke auch der nachfolgenden Tänzergeneration zugänglich zu machen. Das gilt in besonderem Maße auch für die Choreografien der klassischen Moderne von Balanchine bis Kylián.

Wenn also ein Ballett bereits einmal einstudiert und aufgeführt wurde, ist es die Aufgabe des Ballettmeisters Olivier Vercoutère, die neuen Tänzer mit dem Schrittmaterial der jeweiligen Choreografie vertraut zu machen und das choreografische Material in ihren Körpern zu „verankern“. So geschah es in den letzten Monaten mit «Allegro Brillante» von Balanchine, «Un Ballo» von Jiří Kylián und «Das Triadische Ballett» (das von Ivan Liška und Colleen Scott betreut wird), um die bevorstehenden Gastspiele in Genf, Köln und Hameln vorzubereiten.

Aber das ist nur der erste Teil des Arbeitsprozesses, bei dem Videoaufnahmen natürlich sehr hilfreich sind. Aber Tanz/Ballett ist mehr als die Beherrschung der jeweiligen Schrittfolgen. Seele, Atem und Geist einer Choreografie können nur von Mensch zu Mensch vermittelt werden, von Künstlern, die das jeweilige Werk selbst getanzt und – im besten Fall – am ursprünglichen Kreationsprozess beteiligt waren, um so als autorisierte Repetitoren ein Werk authentisch an eine neue Tänzergeneration weitergegeben. Erst durch sie kann Können zu wahrer Kunst werden.  So ist es für die Heinz-Bosl-Stiftung eine große Freude, Nannette Glushak und Shirley Esseboom erneut als Repetitorinnen für Balanchine und Kylián  Programm gewonnen zu haben.  Nannette Glushaks Aufgabe ist es, Balanchines «Allegro Brillante» mit neuem Leben zu erfüllen. Sie selbst besuchte ab dem 8. Lebensjahr die Balanchine-Schule in New York – damals, in den sechziger Jahren, die Tanzmetropole der westlichen Welt. Nach ihrer Ausbildung gehörte sie viele Jahre zu den führenden Solistinnen des New York City Ballets. Glushak: „Wenn man diese Choreografie anschaut, kann man sich keine andere Möglichkeit mehr vorstellen, Tschaikowkys Musik zu sehen. Balanchine selbst sagte immer, diese 13 Minuten («Allegro Brillante») beinhalten alles, was er über klassisches Ballett wüßte. Für mich war er der Choreograf des 20. Jahrhunderts und auch Jiří Kylián und William Forsythe bekennen, dass er den größten Einfluss auf ihr eigenes Schaffen hatte.“
Shirley Esseboom, aus den Philippinen stammend, begann ihre tänzerische Karriere 1993 beim Nederlands Dance Theater II (NDT). 1997 wechselte sie in Jiří Kyliáns Hauptkompanie NDT I. An vielen Stücken seines umfangreichen Oeuvres war sie aktiv als Tänzerin beteiligt. Heute vermittelt sie ihr Wissen weltweit an junge TänzerInnen.
Die technischen und künstlerischen Anforderungen von Balanchine und Kylián an die TänzerInnen sind sehr unterschiedlich: einerseits pure klassische Technik, sauberste Phrasierung von Tschaikowskys Klavierkonzert, andererseits der oft kontrapunktierende Umgang mit Ravels Musik, der so eindrucksvolle, wunderschöne Bilder entstehen läßt. Wertvolle Erfahrungen, die die Junioren optimal auf ihre künftige professionelle Laufbahn vorbereiten.
Die erneute Anwesenheit von Nannette Glushak und Shirley Esseboom war deshalb von größter Bedeutung, um den Junioren die stilistischen Feinheiten beider Choreografen zu entschlüsseln. Beide sind Dank ihrer künstlerischen Persönlichkeit Garantinnen dafür, dass die von ihnen betreuten Stücke lebendig bleiben. Ein Glücksfall!

FRÜHLINGS-MATINEEN DER HEINZ-BOSL-STIFTUNG AM  21. & 24. Mai 2020 

Kartenvorbestellung:

https://heinz-bosl-stiftung.de/tickets

Herbst-Matinee 2019 Walzer (Jan Broeckx) © Ida Zenna
Eyeblink (Maria Barrios)© Ida Zenna