Gastspielreihe in München: „depARTures“ 2020 Unique dance and performance from Québec/Canada Oktober – 8. November 2020
Beim Aufführungsangebot gibt es wieder vermehrt ausländische Gastspiele. Aber was, wenn zu wenige hingehen? Ein tödliches Szenarium für tourende Künstler und Veranstalter. Ganz so weit hergeholt ist das nicht. Die Folgen der Pandemie bestimmen unser Leben – durchaus mit absehbaren Kollateralschäden. Nicht zuletzt dort, wo Zugewinn von Publikum schon immer ein heikles Thema war.
Ein Gefühl von Unsicherheit angesichts eines von Bereich zu Bereich stark auseinanderklaffenden Beschränkungswirrwarrs macht sich breit und schürt weitere Ängste. Ob bei Kinogängern, wo man sich derzeit gelungene Blockbuster wie Charles Dickens neuverfilmten „David Copperfield“ zur besten Afterwork-Zeit mit bloß zwei weiteren Personen in großen Sälen teilen muss. Oder bei einem Teil der sonst hemmungslos kulturinteressierten Bevölkerung. Hier lässt sich ein schleichend grassierendes Breitmachen von Scheue beobachten, trotz (oder gerade wegen?) arger Platzreduzierung zum Genuss von Veranstaltungen zurückzukehren – insbesondere jetzt bei zunehmend feucht-kaltem Wetter.
Planungen auf Sicht für nicht mehr von langer Hand stemmbare Projekte ermöglichen das „Durchseuchen mit Neugier“ per Dichte an Reklame freilich nicht. Dagegen brauchen gute Nachrichten darüber, wie sicher austariert und hygienekontrolliert auf allen Wegen Besuche in Locations für Darstellende Künste sind, offenbar Zeit. Insgesamt herrscht ein Mangel an Zuversicht. Anders lässt sich kaum erklären, warum der Kartenverkauf zur diesjährigen Ausgabe der Münchner „depARTures“ nur schleppend anläuft. Dabei eröffnet Louise Lecavalier die bis zum 8. November Begegnungen von Künstlern aus Kanada gewidmete Tanzgastspielreihe.
Fast 20 Jahre lang war die Powerfrau aus Montréal Muse und Frontfrau der revolutionären Kompanie La La La Human Steps um deren Gründer Édouard Lock. Später sorgten eigene Produktionen der mittlerweile 62-Jährigen für Furore. Auf Arte wird am 19.10. (0:10 Uhr) unter dem Titel „Kriegerin des Tanzes“ ein Porträt der Ausnahmeperformerin wiederholt. Für ihre neueste Soloperformance „Stations“ am 8.10. im Carl-Orff-Saal sind noch Karten zu haben. Ebenso für Daniel Léveillés „Solitudes Solo“ mit sieben Mitwirkenden, die sich auf virtuose Weise zwischen schwungvollen und präzisen Gesten an den Grenzen des Ungleichgewichts zu Musik von Bach bewegen.
Am 16. & 17.10. ist das Solo „Icône Pop“ von Mélanie Demers im Schwere Reiter zu sehen: ein Porträt fragmentierter weiblicher Identität im ambivalenten Graubereich zwischen Gesellschaftszugehörigkeit und Selbstverherrlichung, zwischen heiliger Jungfrau Maria und Beyoncé. Momentan ausverkauft im kleinsten aller Räume: Daina Ashbee und ihr vermutlich im Hautkostüm dargebotenes Solo „Serpentine“ (19./20.10. im Hoch X).
Vesna Mlakar
Gastspielreihe „depARTures“: Programminfos unter www.jointadventures.net/tanzwerkstatt-europa. Karten nur im Vorverkauf über München Ticket, Tel.: 54 81 81 81 (keine Abendkasse!)
Dokumentation über Louise Lecavalier auf Arte am 19.10.2020