Die German Dance Organisation nach einem Jahr
von Ute FISCHBACH-KIRCHGRABER
In einer Welt voller Hiobsbotschaften und Kriegen braucht es schon eine gehörige Portion Enthusiasmus, um etwas Positives zu schaffen. Die zwei großen Tanz-Weltverbände mit ihrem Funktionärs-Hickhack und den Machtsicherungs-Ansprüchen haben das jahrelang nicht auf die Reihe gekriegt. Doch nun ist Tanzen dabei, wie Phönix wieder aus der Asche zu steigen. Möglich macht das der lachende dritte Weltverband: in Deutschland ist das die GDO, die German Dance Organisation (organisiert bei der World Dance Organisation.) Welt-Toptänzer, die genug hatten vom Umbau des Tanzes in einen reinen Sport unter Negierung des Kunstaspekts, haben die Sache nun in die eigenen Hände genommen. Gemäß dem Motto „Du hast keine Chance, aber nutze sie“, stehen Ehrlichkeit, Transparenz, gegenseitiger Respekt, Meinungsfreiheit, Fairness, Toleranz und vor allem die Liebe zum Tanzen an oberster Stelle. Entscheidungsfreiheit ist selbstverständlich, die Mitgliedschaft in einem anderen Verband stellt keinerlei Problem dar.
Dirk Bastert, Executive Director Secretary der GDO, hat fast im Alleingang geschafft, was undenkbar schien. Er hat internationale Großturniere in Deutschland organisiert, die teils die vielgerühmten German Open Championships an Startzahlen pro Tag noch übertreffen. Schon der erste Versuchsballon im vorigen März sprengte alle Vorstellungen mit 1.800 Starts an einem Tag – normal sind 600 bis 700. Aus dem geplanten 12-Stunden- wurde ein 16-Stunden-Nonstop-Turnier. Tänzer aus 22 Nationen waren am Start, teils mit großen Gruppen. So gab es 50 irische und 30 bulgarische Teilnehmer. Auch deutsche Teilnehmer testeten diese neue Turniermöglichkeit in elegantem Rahmen. Natürlich gefolgt von den üblichen Drohungen und bösen Briefen des Deutschen Tanzsportverbands (DTV) gegen „Abtrünnige”. Einem Paar wurde der Ausschluss aus ihrem Tanzverein angedroht, wenn es denn wagen sollte, bei der GDO mitzutanzen. Und dem deutschen Meister-Siegerpaar der GDO, das es beim DTV zum Vizemeister gebracht hatte, wurde noch in selbiger Nacht die Sporthilfe gestrichen.
So viel zum Thema Förderung des Tanzsports bei den etablierten Großverbänden. Da sucht man händeringend Mitglieder, aber wehe, sie tanzen das „falsche” Turnier! Eigentlich tun die Paare nur, was man von Tänzern erwartet: nämlich tanzen. Dirk Bastert: „Da schaut niemand über den Tellerrand hinaus. Die GDO hat keine eigenen Vereine. Wenn also jemand bei der GDO tanzen will, braucht er einen Club. Durch die GDO bekämen die Clubs also mehr Mitglieder. Ich habe nicht verstanden, warum die Verbände Angst vor der GDO haben. Die Hierarchie ist falsch aufgebaut: die Vereine sollten die Macht haben, nicht die Verbände…”
Der große Vorteil der GDO ist, dass sie sehr viel schneller entscheiden und agieren kann als die Verbände mit ihrer föderalen Struktur. Zumal bei der GDO keine Funktionäre tätig sind, sondern durchwegs weltweit äußerst erfolgreiche Tänzer. Dirk Bastert: „Die GDO will etwas Positives bewegen und nicht anderen schaden. Bei der GDO dürfen alle mitmachen, egal aus welchem Verband sie stammen. So sollte es ja auch eigentlich sein. Aus Verboten der Verbände kann man nur schließen, das dort etwas schief läuft. Das wird Tänzern und Eltern zunehmend bewusst. Die Leute werden dann unzufrieden. Aber das haben die Weltverbände und die nationalen Verbände nicht verstanden.”
Warum sollte beim Tanzen nicht möglich sein, was es beim Boxen gibt? Da dürfen die Boxer der vier großen Weltverbände gegeneinander boxen und am Ende kann einer alleine alle Gürtel für sich gewinnen. Wladimir Klitschko hat es vorgemacht. Das würde auch dazu führen, dass die Weltmeistertitel wieder so viel Wertschätzung genießen wie in der Zeit, als es nur einen Amateur- und einen Professional-Verband gab. Andererseits bieten mehrere Weltverbände mehreren Tänzern die Chance, den Titel zu gewinnen. Denn in der Vergangenheit gab es sowohl auf dem Latein- als auch auf dem Standard-Sektor hervorragende Tänzer, die gut zehn Jahre lang anstehen mussten, weil Ausnahme-Paare wie Donnie Burns/Gaynor Fairweather (14-facher Profi-Weltmeister Latein) oder Riccardo Cocchi / Yulia Zagoruychenko (10-fache Weltmeister), sowie Markus und Karen Hilton (neunmal Professional Weltmeister Standard) oder Arunas Bizokas / Kathusha Demidva (10-fache Weltmeister) den Titel „blockierten”.
Was die GDO grundsätzlich von allen anderen Welttanzverbänden unterscheidet: Dirk Bastert ist ein starker Verfechter, Kriterien öffentlich zu machen: „Wir sind nahbarer als große Verbände. Da fragen sich viele, wer steht hinter einer Institution wie dem Deutschen Tanzsportverband. Da versanden schon mal Anfragen. Und die Menschen haben resigniert. Das bringt nichts, ist zu hören, da wird es keine Bewegung geben. Wir dagegen schaffen Möglichkeiten.“ Die GDO veranstaltet Livetalks auf Instagram, wo immer ein Thema diskutiert wird. Das kommt gut an. Und Dirk Bastert hat einen weiteren Plan: „Wir wollen ein Podium installieren beispielsweise bei Meisterschaften, wo nachher gefragt werden kann, was der Wertungsrichter bemerkt hat. Oft geht es um hauchdünne Entscheidungen. Ein sechster Platz im Finale bedeutet nicht, dass man schlecht getanzt hat.“
Die GDO macht aus Tanzen wieder ein Event: Großveranstaltungen sind angesagt. Dirk Bastert will an einem Wochenende 100 Turniere: „Da treffen sich die Leute: Senioren, Kinder, Professionals, Solo-Tänzer, Formationen. Die Menschen kommunizieren untereinander. Das muss überlappen. Nicht ein Turnier nach dem anderen veranstalten und keiner schaut dem anderen zu. 40, 50 Turniere in unterschiedlichen Gruppen, das ist mehr ein Treffen, ein Happening. Das ist unsere Möglichkeit, uns von den anderen Verbänden abzusetzen.” Das bedeutet aber auch, dass man all das organisatorisch stemmen muss, auch wenn die Arbeitslast sich auf nur wenige Schultern verteilt.
Und auch wenn das teuer ist: Die Kombination mit einem festlichen Ball sorgt dafür, dass Tanzen wieder mehr öffentliche Aufmerksamkeit bekommt. Da wünscht sich die GDO einen Paradigmen-Wechsel. Dirk Bastert: „Es geht um den kulturellen und gesellschaftlichen Wert von Tanzen. Klar ist es körperliche Anstrengung, trotzdem: die Allgemeinheit nimmt es nicht als Sport wahr. Auch wenn die World Dance Sport Federation (WDSF) sich auf die Fahnen geschrieben hat: wir müssen Sport sein. Da ist nichts Schönes dabei. Es verprellt die, die das Tanzen mögen. Tanzen ist nicht Fußball und gehört nicht in die Sportschau.”
Dirk Bastert wünscht sich, dass irgendwann einmal wieder Tanzen als ein kulturelles Ereignis im TV zu sehen ist. „Tanzen hat ästhetisches Potential. Wir wünschen uns, dass die Leute das auch wieder schätzen. Wir alle wissen, wieviel Arbeit in einem Rumba-Walk oder einer halben Rechtsdrehung steckt. Aber es ist nicht der Sport, es ist das Gefühl, das uns anhält, mit Tanzen weiterzumachen.“
BIO
Dirk Bastert hat mit seiner Frau Alla Tkachenko ein bewegtes Tänzerleben hinter sich. Er ist sowohl vielfacher russischer als auch deutscher Meister. Bei den Professionals setzten sich die Erfolge fort. Er errang die Goldmedaille beim World Cup, erhielt die Bronzemedaille bei Europa- und Weltmeisterschaften.
Heute ist Dirk Bastert als anerkannter Trainer und Lecturer weltweit tätig. Vor allem im asiatischen Raum wird sein Sachverstand sehr geschätzt, wobei ihn auch TV-Teams begleitet haben. Als internationaler Wertungsrichter ist er bei über 200 Turnieren in mehr als 30 Ländern im Einsatz, sowie bei Welt- und Europameisterschaften.
Dirk Bastert ist Präsident des Tanzsportcubs Art of Dance Köln, wo er speziell im Jugendbereich Nachwuchs an die deutsche und internationale Spitze bringt. Er ist unter anderem Counsellor in Foreign Affairs für das Malaysian Ballroom Dancesport Council. Als Gründungsmitglied hat er die Stellung des Executive Director Secretary der GDO inne.
Dirk Bastert hat die Initiative „United for Ukraine” ins Leben gerufen und es zehn ukrainischen Kinderpaaren ermöglicht, im September an den Meisterschaften im Rahmen der „German Masters“ teilzunehmen. Für sein Engagement bei diesem und anderen Projekten verlieh ihm der Ukrainische Verband die Ehrenmedaille.
Drei Weltmeisterschaften in Mai 2024.
Mit The Lion Dance Championships & Gala Ball findet die nächste Großveranstaltung der GDO am 4 und 5. Mai in München im Fünf-Sterne-Hotel Sofitel Bayerpost statt. Dabei stehen gleich drei Weltmeisterschaften auf dem Programm: die Weltmeisterschaft WDO der Professionals über zehn Tänze sowie die WDO-Weltmeisterschaft der U14 Latein und U14 Ballroom. Zum reichhaltigen Programm gehören auch der King
Ludwig Cup von ProAm Latin und Standard, sowie der Lion Cup Pro/Amateur/Youth/Junior/
Juvenile/Senior/Solo der Samba Cup U8, der Kiara Cup U6 sowie die German Championships
der GDO U10/U12/14 Latin und Ballroom.