2/2019

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

vielleicht haben Sie verwundert das Titelfoto der vorliegenden Ausgabe betrachtet: Statt der klassischen Tänzerinnen und Tänzer, die mit ihren filigranen Linien, Posen, Sprüngen bislang unserem Cover Glanz verliehen haben, präsentiert sich diesmal ein fröhlicher HipHop-Tänzer, stolz und in ganz bodenständiger Haltung. Und alles Recht hat er dazu. Denn der HipHop als US-amerikanischer Exportschlager, dessen Entstehung bis in die 1980er zurückreicht, der in den Armenvierteln von New York wurzelt und sich auch vom brasilianischen Kampftanz Capoeira anregen ließ, hat inzwischen nicht nur weltweit die Jugend, sondern auch die Tanzbühnen erobert. Was zunächst als Mode von nur geringer Halbwertszeit eingestuft wurde, ist längst zu einem internationalen Phänomen geworden und hat den Bühnentanz verändert.

Das ist der eine Grund für das Coverfoto. Der andere: Unser Magazin heißt schließlich „Dance for You“ und nicht „Ballet for You“. Wir möchten deshalb künftig unseren Blickwinkel erweitern und auch den zeitgenössischen Strömungen des Tanzes Raum bieten. Damit haben wir im vorliegenden Heft schon mal angefangen. Sie finden auf den ersten Seiten gleichberechtigt zwei große Interviews mit Stars ihrer Szene. Muriel Zusperreguy, führende Solistin des Balletts der Pariser Oper, berichtet über ihren Alltag und ihre Erfahrungen mit dem Tanz ebenso spannend wie Anthony Rue, geboren in Brooklyn, einst Tänzer in der Crew von Madonna, jetzt Pädagoge für aufstrebenden HipHop-Nachwuchs. Dazu hat er eine bündelnde Liga für Streetdance-Wettbewerbe gegründet, steht für den athletischen Aspekt des Tanzes und bekennt: Das klassische Training war wichtig für mich, es verhalf mir zu Disziplin und gab mir Impulse für die pädagogische Arbeit. Umgekehrt geht heute kaum eine Uraufführung von Theaterkompanien ohne Moves aus dem Breakdance über die Bühne.

Nicht minder aufschlussreich ist eine Reportage über die Dresden Frankfurt Dance Company unter der neuen Leitung von Jacopo Godani. Der Ex-Tänzer von William Forsythe verfolgt seit fünf Jahren sein eigenes Konzept und hat der Neuauflage von dessen einstiger Kompanie inzwischen zu internationalem Renommee verholfen. Tanz als Vision der Gesellschaft, die Gruppe als Abbild gesellschaftlichen Zusammenlebens lautet sein Motto und ist, wie Gespräche mit seinen Akteuren ausweisen, auch bei den Tänzerinnen und Tänzern der Kompanie auf fruchtbaren Boden gefallen. Das solidarische Miteinander, ohne Konkurrenzdruck, eher in der gemeinsamen Suche nach neuen Wegen, heben sie in ihren Aussagen besonders hervor.

Die Szene in Ballett und Tanz ist in Bewegung geraten. Sasha Waltz etwa wird das Staatsballett Berlin zusammen mit Johannes Öhman als Vertreter der Klassik leiten, Choreografen des zeitgenössischen Tanzes werden in Theaterensembles eingeladen und lassen frischen Wind durch alte Strukturen wehen. Man darf neugierig auf weitere Kooperationen und Kollaborationen sein. Den Tänzerinnen und Tänzern aller Richtungen beschert das die Bekanntschaft mit neuen Stilen und Handschriften, den Zuschauern ungewohnte Sehweisen. „Dance for You“ wird diese Entwicklungen begleiten und Sie, liebe Leserinnen und Leser, über unser Netz aus nationalen und internationalen Korrespondenten aktuell informieren. Bleiben Sie uns also auch zukünftig gewogen.

Herzlich, Ihr Volkmar Draeger

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