1/2007 Januar-Februar

AUSGABE JANUAR-FEBRUAR 2007

 

Editorial

 

  

… sag mir, wo die Frauen sind?

 

 

Eigentlich sollten wir die Ausgabe „men´s power“ nennen. Denn die Artikel in diesem Heft handeln nur von Männern: Berühmte Tänzer, weltberühmte Choreografen, interessante Premieren, gestaltet immer wieder nur von – Männern.

Die Tatsache machte uns in der Redaktion stutzig und so ließen wir Tanzgrößen der jüngeren Geschichte Revue passieren. Wie hoch ist der Männeranteil, wie viele Frauen nahmen und nehmen leitende Positionen ein? Eigentlich ist es doch so, dass der Tanz, vor allem das Ballett, eine Frauendomäne ist. Blickt man in Ballettschulen oder Akademien, so beträgt der Mädchenanteil 80 Prozent und mehr. Tanzende Männer sind dagegen eine Seltenheit und haben nicht zuletzt wegen der schmalen Konkurrenz weitaus bessere Chancen als Frauen auf dem Arbeitsmarkt. Und doch dominiert, wie fast überall, auch in der Tanzwelt das männliche Geschlecht.

Wir recherchierten und stellten fest, dass zumindest in Deutschland 44 von 54 staatlichen Ensembles von Männern, nur zehn von Frauen geleitet werden. Dabei hätte man doch annehmen können, dass die moderne Welt des Tanzes den Frauen Raum zur Selbstverwirklichung bietet, auch auf höherer Ebene. Zumal die Frauen derart zahlreich vertreten sind?!

Wann und warum verlieren Frauen das Interesse? Oder trauen sie sich nicht, um eine Stelle als Direktorin oder Hauschoreografin zu kämpfen? Birgit Keil, Marcia Haydée, Pina Bausch, Daniela Kurz oder auch Sasha Waltz sind rühmliche Ausnahmen. Ist es so, dass Intendanten – die ja auch häufiger sind als Intendantinnen – Männern den Vorzug geben? So nach dem Motto: Wir Männer halten zusammen? Oder ziehen sich Frauen eher aus dem Beruf zurück, weil ihnen das Privatleben, respektive Kinder, irgendwann wichtiger ist? In dem Fall reicht es vielen oft, zu unterrichten oder in der freien Szene ab und zu eine Premiere auf die Bühne zu bringen.

An mangelnder Power kann es nicht liegen, schließlich gibt es kaum einen Beruf, der fordernder ist als der einer Tänzerin. Wohl aber an mangelnder Lust, andere zu dominieren. Und so gehen uns vielleicht Dutzende interessanter Talente verloren. Man muss keine Feministin sein, um bei solchen Gedanken ins Grübeln zu kommen …

 

Ihre Redaktion