Pandemische Zeiten holen sich ihre Opfer. Nun hat es Tanzlegende Rudi Trautz getroffen – kurz vor seinem 85. Geburtstag. Leidenschaft war sein Antrieb. Die Leidenschaft zur Tanzkunst, die er nach seiner grandiosen Aktivenzeit auch als Funktionär durchaus streitbar in den Ring warf. Tanzlegende Rudi Trautz hat neben vier Weltmeistertiteln acht Europameisterschafts-Siege und über 20 deutsche Meistertitel errungen nebst zahlreichen weiteren internationalen Trophäen. Dieser erfolgreichste deutsche Tanzsportler war ein Besessener, wenn es darum ging, Tanzkultur in die Welt hinaus zu tragen. Rudi Trautz hat sich nicht gescheut, seine Stimme zu erheben, als ein Weltverband die Herrschaft an sich zog und damit anfing, Tanzen der Kunst zu entreissen und beim Sport anzusiedeln. In der Hoffnung auf ein größeres Publikum bei Olympia und – natürlich – auf die sicher zu erreichenden Olympia-Fördergelder.
Freundlich, hellwach, fokussiert und mit einer klaren Botschaft, die er an die Welt hinausschicken wollte, so haben wir Rudi Trautz im persönlichen Gespräch erlebt. Die Absurditäten des Verbandswesen (weil er an einer Lizenzerhaltsschulung nicht teilgenommen hatte, durfte er in Deutschland nicht einmal ein Anfängerturnier leiten – als Ex-Weltmeister in England aber sehr wohl eine Weltmeisterschaft!) kamen ebenso zur Sprache wie die Zukunft des Tanzens. „Tanzen light geht nicht. Aber es muss mehr Spaß in die Geschichte” war sein Credo. Vor allem aber ging es ihm um Qualität, um gutes Tanzen. Das hat er in seiner eigenen Tanzschule schon den Anfängern beigebracht und als hochkarätiger internationaler Tanztrainer das Bewusstsein dafür bei den Turniertänzern und Professionals weltweit geschärft. Gerade erst hatte er ein Lehrbuch fertiggestellt, die Quintessenz seiner lebenslangen Tanz-Erkenntnisse. Diese „Art and Technique of Ballroom Dancing” ist nun sein Vermächtnis an die Tanzwelt. Und die stete Mahnung, die Kunst im Tanzen niemals zu vergessen.
Ute Fischbach-Kirchgraber