Arbeitsbedingungen
Beim Australian Ballet drohen die Tänzer zu streiken; Verhandlungen zwischen der Leitung und den Tänzern über einen Vertragsklausel zum Inflationsausgleich sind gescheitert. Bisher konnten sich die Tänzer auf einen angemessenen Ausgleich der Inflation verlassen, das Management will diese Klauseln nun streichen. Die Tänzer leiden noch immer unter den Lohnkürzungen während der Pandemie, als die Gehälter wegen der verminderten Arbeitsbelastung um 20 % und dann 50 % gekürzt wurden, viele leben vom Ersparten oder haben ihre Gesundheitsversicherung gekündigt. Seit 2021 werden sie wieder voll bezahlt, stimmten damals aber einem Einfrieren der Gehälter für ein Jahr zu. Jetzt kämpfen sie für mehr Lohn.
Die Tänzer von Het Nationale Ballet in den Niederlanden fordern in einer Online-Petition bessere Gehälter, um mit den stark gestiegenen Lebenshaltungskosten in Amsterdam mithalten zu können. Vor Beginn von Gewerkschaftsverhandlungen beklagen sie die hohe Inflation und die Vernachlässigung des Kunstsektors bei staatlichen Gehaltserhöhungen. Link: https://supporthnbdancers.wordpress.com/
Das Ballettensemble des Theaters Basel hat sich im Juni mit der Direktion des Theaters auf bessere Löhne geeinigt: einen Durchschnittslohn von 5050 SFr pro Monat und ein 13. Monatsgehalt. Die Ensemblemitglieder hatten über ihre Gewerkschaft Druck ausgeübt und nach der Premiere „Explosiv“ mit Plakaten auf der Bühne demonstriert. Sie verlangten den gleichen Lohn wie die Kompanien in Zürich oder Genf.
Beim Ballet de l’Opéra National de Paris fiel die Wiederaufnahme von Kenneth MacMillans „Manon“ am 20. Juni wegen eines von der Direktion nicht weiter spezifizierten Streiks der Tänzer aus; auch hier scheint es um die Löhne zu gehen.
Auszeichnungen national
Die Preisträger beim 37. Internationalen Wettbewerb für Choreografie in Hannover:
- Preis: „False Memories“ von Tu Hoang & Hiro Murata, Niederlande/Vietnam und Japan
- Preis: „Prelude“ von Marioenrico D’Angelo, Italien
- Preis: “Are you Guilty?“ von Min Kim, Südkorea
Die Jury bestand aus: Roni Haver, Artistic Director Club Guy & Roni; Christian Blossfeld, Direktor des Staatsballetts Hannover; Ofra Idel, Leiterin des Machol Shalem Dance House, Israel; Christiane Winter, Festivalleitung TanzTheater International, Hannover; Demis Volpi, Direktor des Balletts am Rhein; Gregor Zöllig, Leiter Tanztheater und Chefchoreograf Staatstheater Braunschweig.
Die Kritikerjury aus Andreas Berger (Braunschweiger Zeitung), Kerstin Hergt (Hannoversche Allgemeine Zeitung) und Falk Schreiber (tanz) vergab den Kritiker*innenpreis an „Mgaa na Upwa“ von Mwinymikuu Abdallah Mwinyimkuu & Joslain Richard, Tansania, an diese beiden Choreografen ging auch der Publikumspreis. Der Produktionspreis der Tanja Liedtke Stiftung am Nationaltheater Mannheim ging an „Fiftyone/Fortynine“ von Emma Evelein & Remy Tilburg, Niederlande. Der Produktionspreis des Theaters Chemnitz ging an „False Memories“ von Tu Hoang & Hiro Murata. Der Produktionspreis des Theaters Trier ging an „Fiftyone/Fortynine“ von Emma Evelein & Remy Tilburg. Der Produktionspreis der MiR Dance Company am Musiktheater im Revier Gelsenkirchen ging an „Prelude“ von Marioenrico D’Angelo. Der Produktionspreis des Theaters Nordhausen ging an „False Memories“ von Tu Hoang & Hiro Murata. Der Produktionspreis des Theaters Pforzheim ging an „Are you Guilty?“ von Min Kim.
Bei der Verleihung der Folkwang-Preise 2023 erhielt der Absolvent Francesco Matejcek (Physical Theatre) einen Preis in der Sparte Darstellende Kunst. Die Preise werden an Studierende der Folkwang-Universität für herausragende künstlerische Arbeiten vergeben und sind mit 2000 Euro dotiert. Für Tanz und Choreografie wurden in diesem Jahr keine Preise vergeben.
Beim internationalen Planungswettbewerbs für das Pina-Bausch-Zentrum in Wuppertal wurden Anfang Juni die besten Entwürfe bekanntgegeben. Auf den ersten Platz wurde ein Entwurf des Architekturbüros Diller Scofidio + Renfro aus New York gewählt, auf den zweiten Platz kam dem Entwurfe von Hascher Jehle Design GmbH aus Berlin und auf den dritten der von Auer Weber Assoziierte GmbH aus München. Die Entwürfe wurden bis 18. Juni im Schauspielhaus Wuppertal präsentiert, das ein Bestandteil des zukünftigen Tanzzentrums werden soll.
Auszeichnungen international
Bei der Verleihung von Auszeichnung auf der diesjährigen „Birthday Honours List“ des britischen König Charles III. wurde Christopher Hampson, Direktor des Scottish Ballet, zum Commander of the British Empire erhoben. Der Choreograf Russell Maliphant erhielt die Auszeichnung OBE (Officer of the British Empire), die Tänzerin Alina Cojocaru erhielt einen Honorary OBE, der an Ausländer verliehen wird, die sich in England verdient gemacht haben.


Bei den National Dance Awards in London wurden am 5. Juni in London folgende Gewinner verkündet:
– Jeffrey Cirio (English National Ballet) erhielt den Dancing Times Award als bester männlicher Tänzer
– Laura Morera (The Royal Ballet) erhielt den Preis als beste Tänzerin
– Constance Devernay-Laurence vom Scottish Ballet erhielt den Preis für die beste Tänzerin in einer klassischen Aufführung als Swanilda in „Coppélia“
– Marcelino Sambé vom Royal Ballet erhielt den Preis als bester klassischer Tänzer für seine Rolle als Pedro in „Like Water for Chocolate“ von Christopher Wheeldon
– Zeleidy Crespo von Acosta Danza erhielt den Preis für die herausragende Tänzerin in einer modernen Aufführung für „100% Cuban“
– Israel Galván erhielt den Preis als bester Tänzer in einer modernen Aufführung in „La Consagración de la Primavera“ mit seiner Compañia Israel Galván
– Das Scottish Ballet erhielt den Stef Stefanou Award als herausragende Kompanie
– Lost Dog erhielt den Preis als beste mittelgroße Kompanie
– Alleyne Dance erhielt den Preis als beste unabhängige Kompanie
– Jessica Wright und Morgann Runacre-Temple (Jess and Morgs) erhielten für ihre “Coppélia” für das Scottish Ballet den Preis für die beste klassische Choreografie
– Ben Duke erhielt für “Ruination” bei Lost Dog den Preis für die beste moderne Choreografie
– der beinamputierte Musa Motha von Rambert Dance erhielt den Preis als bester Nachwuchstänzer
– der Ausstatter Bob Crowley ( für “Like Water for Chocolate”) und der Dirigent/Gitarrist Paco Peña (für “Solera“) erhielten Preise für einen hervorragenden künstlerischen Beitrag
– Jonzi D erhielt den De Valois Award für einen hervorragenden Beitrag

Der belgische Choreograf Sidi Larbi Cherkaoui erhielt Mitte Mai den „Ultima“, einen vom Ministerium für Kultur, Jugend und Medien in Flandern verliehenen Preis für kulturelle Verdienste. Er wurde für sein Gesamtwerk ausgezeichnet, „für sein bahnbrechendes Werk, seinen offenen Geist, seine vielstimmige Herangehensweise und seine einzigartige, verbindende Sprache“, so die Jury; der Preis ist mit 20.000 Euro dotiert.
Der Film „Return“, den Choreograf Hofesh Shechter zum 15. Jubiläum von Gauthier Dance in Stuttgart gedreht hatte, wurde beim Cannes World Film Festival (einem erst drei Jahre alten Online-Filmfestival, das nichts mit dem traditionsreichen Festival von Cannes zu tun hat) als bester Tanzfilm ausgezeichnet.
Bei der diesjährigen Verleihung der Tony Awards in New York erhielt der Regisseur und Choreograf Casey Nicholaw den Preis für die beste Choreografie für das Revival von “Some Like It Hot”. Bestes Musical wurde „Kimberly Akimbo” von Jeanine Tesori und David Lindsay-Abaire, das insgesamt 5 Tony Awards gewann, als bestes Schauspiel wurde „Leopoldstadt“ von Tom Stoppard. Joel Grey, der erste Conférencier in “Cabaret” sowie John Kander, der Komponist von Musicals wie „Cabaret“, „Chicago“, „Kuss der Spinnenfrau“ und auch des Songs „New York, New York“ erhielten einen Special Tony Award for Lifetime Achievement in the Theatre
Victor Abreu, Corps-de-ballet-Tänzer des New York City Ballet, und Lorna Courtney, die im Musical „& Juliet” am Broadway die Titelrolle spielt, sind die Gewinner des 13. Clive Barnes Award für Tanz und Theater. Beide erhalten 5000 Dollar, der Preis ist nach dem verstorbenen amerikanischen Kritiker Clive Barnes benannt.
Das Ballet du Rhin im französischen Straßburg hat den Prix de la critique als beste Kompanie der Spielzeit erhalten. Der Preis wird von der französischen Kritikervereinigung in mehreren Sparten vergeben. Weitere Preise in der Kategorie Tanz gingen an Thomas Lebrun für “L’envahissement de l’être (danser avec Duras)” für die beste Choreografie, an Samantha van Wissen in „Giselle…“ von François Gremaud für die beste Interpretation, an „One Song“ von Miet Warlop für die beste Performance, an Marie-Agnès Gillot für „Sortier du cadre“ für das beste Tanzbuch, an „Dancing Pina” von Florian Heinzen-Ziob für den besten Tanzfilm, an Amalia Salle für „Affranchies“ beim Festival Suresnes Cités Danse 2023 als beste Choreografie-Entdeckung. An Claude Brumachon und Benjamin Lamarche gingen Preise für ihr Lebenswerk; sie leiteten von 1990 bis 2015 das Centre chorégraphique national de Nantes.
Direktoren, Choreografen
Beim Queensland Ballet in Australien zieht sich Li Cunxin, berühmt geworden durch den Film „Mao’s Last Dancer“, aus gesundheitlichen Gründen zum Ende der Spielzeit 2023 von seinem Direktorenposten zurück, den er elf Jahre innehatte.
Benjamin Millepied, der ehemalige Direktor des Ballet de l’Opéra National de Paris, hat Mitte Mai die Gründung des Paris Dance Project bekannt gegeben, angelehnt an sein Los Angeles Dance Project. Der „choreografische Campus“ soll unter seiner künstlerischen Leitung jedes Jahr fünf bis sieben aufstrebende Choreografen aus der französischen und internationalen Szene ausbilden; das Projekt findet im Hangar Y in Meudon statt, einer Stadt im Umkreis von Paris. Am 3. Juni tanzte Millepied selbst bei der Auftaktveranstaltung.
Peter Boal, ehemaliger Principal Dancer des New York City Ballet und heute Direktor des Pacific Northwest Ballet in Seattle, hat die Autobiografie „Illusions of Camelot: A Memoir” geschrieben.
Beim Texas Ballet Theater wurde der Interims-Direktor Tim O’Keefe zum neuen Direktor ernannt, er folgt auf Ben Stevenson. Der neue Direktor des Alabama Ballet heißt Christopher Stuart.
Dance, das internationale Festival für zeitgenössischen Tanz in München, bekommt ab 2025 eine neue Leitung. Der Münchner Stadtrat ernannte Tobias Staab, der u.a. an der das Tanzprogramm der Ruhrtriennale mitverantwortete und 2016 gemeinsam mit Richard Siegal das Ballet of Difference in Köln gründete. Staab war ebenfalls an den Münchner Kammerspielen und am Schauspielhaus Bochum tätig, 2022 kuratierte er in München das „Festival des Spiels, des Sports und der Kunst“. Er übernimmt die Leitung von Nina Hümpel.
Die schottische Choreografin und Performerin Claire Cunningham wird Professorin am Hochschulübergreifenden Zentrum Tanz Berlin. Sie erhält eine Einstein-Profil-Professur von der Einstein-Stiftung in Berlin und soll zunächst für fünf Jahre am HZT lehren und forschen. Claire Cunningham nutzt ihre Krücken als Erweiterung ihres tanzenden Körpers und hat das Konzept der „Choreography of Care“, eine kritische Reflexion über Normativität entwickelt, das u.a. „die gelebte Erfahrung von Behinderung“ erforscht.
Tänzer – Wechsel, Beförderungen
Beim National Ballet of Canada wurde der Australier Christopher Gerty zum Principal Dancer befördert.
Beim Birmingham Royal Ballet wurden Lachlan Monaghan und Max Maslen zu Principal Dancers befördert. Die Ballettmeisterin Marion Tait, langjähriges Mitglied des Royal Ballet und an zahlreichen Uraufführungen von Kenneth MacMillan und David Bintley beteiligt, zieht sich in den Ruhestand zurück.
Die Französin Mathilde Froustey, bis 2013 Sujet beim Pariser Opernballett und bis 2023 Erste Solistin beim San Francisco Ballet, wechselt zurück in die Heimat, als Etoile beim Ballett in Bordeaux. Dort wurde ebenfalls Riku Ota zum Ersten Solisten ernannt.
Beim Philadelphia Ballet unter der Leitung von Angel Corella wurde Ashton Roxander zum Ersten Solisten befördert.
Beim Royal Swedish Ballet wurde im Juni die Britin Sarah Erin Keaveney nach einem Auftritt in Kenneth MacMillans „Manon“ durch Ballettchef Nicolas Le Riche von der Halbsolistin zur Solistin ernannt.
Chase Finlay, der Principal Dancer des New York Ballet, der 2018 den großen Skandal um geteilte Nacktfotos ausgelöst hatte und daraufhin aus der Kompanie ausschied, arbeitet jetzt als Therapeut in einer Suchtklinik für Männer in Austin, Texas.
Todesfälle
Magda Saleh – Studio Portrait: “Giselle” (Act II) Studio Alban, Kasr El Nil Street, Cairo, 1968
Am 11. Juni verstarb in Kairo Magda Saleh, die erste ägyptische Primaballerina und eine der wichtigsten Persönlichkeiten für das Ballett in Ägypten, im Alter von 79 Jahren. Sie studierte an der Bolschoi-Akademie in Moskau, gehörte Ende der 1950er Jahre zu den Gründungsmitglieder der Cairo Opera Ballet Company, inszenierte dort auch ihre ersten Werke und war bis Ende der 1960er Jahre der große Star der Kompanie. Sie schrieb 1979 eine Doktorarbeit in New York über ethnischen ägyptischen Tanz und leitete seit 1983 eine Ballettschule in Kairo, von 1987 an das neu gebaute Opernhaus in Kairo. 1992 kehrte sie nach New York zurück.