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Karenina, Kameliendame und Quixote Zur nächsten Spielzeit 2017/18 in den großen Ensembles

Karenina, Kameliendame und Quixote

Zur nächsten Spielzeit 2017/18 in den großen Ensembles

Garant für Stabilität unter den großen deutschen Compagnien ist wieder einmal Hamburg. Dort kündigt John Neumeier für seine 44. Saison als Uraufführung ein Beethoven-Projekt an, als Wiederaufnahmen „Illusionen – wie Schwanensee“ und zwei Werke von Jerome Robbins, als Übernahme Nurejews „Don Q.“. München scheint im Frieden mit Igor Zelensky als neuem Chef zu leben: Christian Spucks Zürcher „Anna Karenina“ übernimmt er in sein vielfältiges Repertoire und punktet mit einem dreiteiligen Porträtabend Wayne McGregor, der auch eine Kreation enthalten wird. Reid Anderson bekennt in seiner letzten Stuttgarter Saison Farbe und löst den Choreografenvertrag mit Demis Volpi; sein designierter Nachfolger Tamas Detrich hat dem anderen Hauschoreografen, Marco Goecke, zumindest das Gefühl gegeben, wenig erwünscht zu sein. Die Cranko-Pflege steht verständlicherweise weiter im Zentrum, auch Robbins wird zu sehen sein sowie ein Fünfteiler aus Uraufführungen, u.a. von Goecke; von Spuck gibt es als Erzählballett eine neugefasste „Lulu“. Und Berlin? Auch hier neigt sich eine Loveaffair, die jedoch keine geworden ist: Nacho Duato geht Ende der Spielzeit vorfristig und übergibt den Stab an Johannes Öhman. Zuvor tut er, was er längst hätte tun müssen: statt wenig goutierter kleinteiliger Abende mehr Handlungsballette aufnehmen, etwa einen „Don Q.“ von Victor Ullate und, zumindest angekündigt, seinen eigenen „Romeo“. Auch ein kurzer Goecke findet den Weg ins Ensemble; Les Ballets de Monte-Carlo gastieren mit Maillots „Cinderella“.

Illusionnen – wie Schwanensee, Ch. John Neumeier, Foto Holger Badekow

Stabil geht es beim Ballett am Rhein weiter. Dort führt Martin Schläpfer seine b-Reihe mit den Folgen 29 bis 36 fort und Choreografien von Balanchine, Robbins, van Manen, Goecke, Jooss, Naharin. Mit Spannung erwartet: „Schwanensee“, Schläpfers erster Klassiker. Birgit Keil kündigt für Karlsruhe Kenneth MacMillans „Romeo“ an, einen „Sommernachtstraum“ von Youri Vámos und, als Hommage an einen ihrer Vorgänger, Germinal Casados „Carmina burana“. Auch in Nürnberg geistert ein „Don Q.“ über die Szene, hier von Goyo Montero, gefolgt von seiner Uraufführung „Dürer’s Dog“ passend zur Dürer-Stadt und Mehrteilern mit Shechter, Ekman, Montero als Choreografen.

Szene aus Christian Spucks “Anna Karenina” im Nationaltheater München, Foto: Wilfried Hösl

Shechter steht ebenfalls, im Verein mit Jungstar Justin Peck aus New York und Kylián, auf dem Premierenplan beim Semperoper Ballett Dresden, überdies ein zweiteiliger „Sommernachtstraum“ von David Dawson und Frederick Ashton, was immer das sein mag.  In Leipzig, Sachsens anderer Metropole, hält Mario Schröder mit Bachs „Johannes-Passion“, einem eigenen „Schwanensee“ sowie dem Doppel „Boléro/Sacre“ von Johann Inger/Schröder gegen und schützt seine Compagnie vorm allerweltisch Austauschbaren.

Magdeburg bleibt unter Gonzalo Galguera Hochburg der Klassik und fügt deren Juwelen eine neue „Raymonda“ hinzu. In Gera darf sich bei Silvana Schröder „Liberace“ mit Glitzer, Schampus und Chopin vergnügen, Birgit Scherzer entwirft einen neuen „Nussknacker“. Ralf Rossa bietet in Halle der „Kameliendame“ ihren Auftritt, und in Chemnitz bricht gleich eine andere Zeit an: mit Sabrina Sadowska als neuer Leiterin geht es hurtig ins Zeitgenössische.

Volkmar Draeger