Défilé ©zenna
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Vorhang auf für die Tanz Akademie Zürich

Ein starkes Zeichen für die nächste Generation des Tanzes

von Evelyn KLÖTI

Mit Curtain Up! präsentierte die Tanz Akademie Zürich (taZ) ein facettenreiches Programm, das den hohen Ausbildungsanspruch unter der künstlerischen Leitung von Jason Beechey eindrucksvoll unter Beweis stellte. In sieben Werken zeigten die jungen Tänzer:innen ihr Können – klassisch verankert, aber stets mit Blick auf die zeitgenössische Bühne. Die drei Aufführungen – zwei im Kurtheater Baden (28./29. Juni) und eine im ausverkauften Opernhaus Zürich (5. Juli) – überzeugten durch technische Qualität, künstlerischen Ausdruck und eine wohldurchdachte Dramaturgie.

Den Auftakt bildete ein klassisches „Défilé“ zur Musik von Brahms’ Variationen und Fuge über ein Thema von Händel. Es versammelte alle 92 Schüler:innen des Grund- und Hauptstudiums auf der Bühne – in Bewegung gesetzt von Àkos Sebestyén und Jason Beechey in Zusammenarbeit mit dem gesamten klassischen Kollegium. In stilvollen, einheitlichen Kostümen von Anna Schnyder defilierten die Tänzer:innen klassenweise, zeigten Soli und fanden sich in präzise gearbeiteten Formationen wieder. Ein beeindruckendes Tableau, das die Vielfalt der Ausbildung sichtbar machte – fern von musealem Glanz, voller Energie und künstlerischem Ernst.

Alle Fotos © Ida Zenna

Défilé ©zenna

Der weitere Programmverlauf zeigte die Bandbreite der taZ – zwischen Neoklassik, Zeitgenössischem und Freier Bewegungssprache. Cathy Marston, Ballettdirektorin in Zürich, schuf mit Moving, Still ein kammermusikalisches Duo, das von Rhyan Foerster und Leo Cheng mit Feinsinn interpretiert wurde.

Leo Cheng, Abschlussklasse in Défilé ©zenna

In Simply Bach, choreografiert von Altea Nuñez (Royal Ballet Flanders), brillierte Clara-Maria Oniceag mit Präzision und charismatischer Präsenz. Das Ensemble des zweiten Hauptstudienjahres, in dunklem Rot gekleidet, brachte Nuñez’ schnörkellose Musikalität mit bemerkenswerter Reife auf die Bühne.

Clara-Maria Oniceag in “Simply Bach”von Altea Nuñez ©zenna

Einen energetischen Kontrapunkt setzte Julieta Martinez mit Sang Mêlé. In mit Rot gefütterten schwarzen Röcken wirbelten die Tänzer:innen der Abschlussklasse kraftvoll über die Bühne – getrieben vom pulsierenden Rhythmus von „Diablo rojo“. Das Stück – 2024 bei der Gala der Princess Grace Academy in Paris und im Lincoln Center New York gezeigt – markiert den Auftakt einer künstlerischen Kooperation von vier weltweit führenden Ausbildungsinstitutionen: American Ballet School, John Cranko Schule, Académie Princesse Grace und der Tanz Akademie Zürich.

Eingerahmt wurde dieses emotionale Zentrum durch zwei fein gearbeitete Beiträge des Grundstudiums. Timothy Couchman (Palucca Hochschule Dresden) widmete Für Clare seiner verstorbenen Schwester – ein stilles, poetisches Stück mit klarer Formensprache. Filipe Portugal, seit Jahren mit Zürich verbunden, ließ in seinem Beitrag erste Tango-Elemente und Pas-de-Deux-Erfahrungen einfließen – mit viel Gespür für das Alter und Potenzial der jungen Tänzer:innen.

Die größte Überraschung: Nemesis von Ihsan Rustem. Die erste Klasse des Hauptstudiums erforschte hier Kontakt, Partnering und kreative Bewegungsfindung mit beeindruckender Offenheit. Akrobatische Momente, mutige Interaktionen und eine klare choreografische Handschrift machten dieses königsblaue Experiment zu einem starken Statement.

“Bolero X” ©zenna

Den Schluss- und zugleich Höhepunkt des Abends bildete Bolero X von Shahar Binyamini. 40 Tänzer:innen – erstmals vereint aus der taZ und dem Bachelor Contemporary Dance der ZHdK – verwandelten Ravels ikonisches Werk in ein rauschhaftes Finale. Animalisch, rituell, wild – Binyaminis Choreografie feiert den Körper und die rohe Kraft des Tanzes. Das Stück, das bereits beim Festival Bregenzer Frühling gefeiert wurde, steht exemplarisch für die künstlerische Vision von Jason Beechey: international vernetzt, stilistisch offen und kompromisslos in der Qualität.

Tosender Applaus im Zürcher Opernhaus – ein würdiger Abschluss vor der Sommerpause. Der Vorhang schließt sich. Nur, um bald wieder aufzugehen.