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Die Ballerinen des Bolschoi-Balletts haben keine Spitzenschuhe mehr

Durch die internationalen Sanktionen gegen Russland wegen des Ukraine-Kriegs gehen den Tänzerinnen des Bolschoi-Balletts die Spitzenschuhe aus. Das sagte der Direktor des Moskauer Theaters letzte Woche in der Duma, dem russischen Parlament. Vladimir Urin sprach bei einer Debatte über den Ersatz für ausländische Importe in der Kultur. Seiner Aussage nach gibt es in Russland keine Spitzenschuhe von der hohen Qualität, wie sie im Ausland hergestellt werden. Scheinbar tragen viele russische Ballerinen Schuhe der amerikanischen Firma Gaynor Minden; normalerweise entscheidet jede Ballerina für sich, welche Spitzenschuhmarke sie für ihre Füße bevorzugt. Vor drei Monaten hatte Urin eine Liste mit wichtigen Importen für sein Theater ans russische Handlungsministerium geschickt, deren Einkauf nun abgelehnt worden sei. Laut dem Bolschoi-Direktor könne man innerhalb eines Jahres keinen gleichwertigen Ersatz organisieren: „Unsere Ballerinas haben keine Schuhe mehr“, wird Urin zitiert. Inzwischen ruderte der Bolschoi-Direktor zurück und zeigte sich in offiziellen russischen Medien froh darüber, dass die Produktion kultureller Güter sich in Russland verbessere; die erwünschten Ergebnisse könnten jedoch noch Jahre auf sich warten lassen.

Einige der Ballerinen brauchen derzeit gar keine Spitzenschuhe, weil sie Anfang Oktober für einen Monat suspendiert sind: Das Bolschoi-Ballett stellte zehn seiner führenden Solisten bis auf Weiteres frei, die meisten davon aber treten jetzt bereits wieder auf. An einem freien Tag waren Vladislav Lantratov, Vyacheslav Lopatin, Anastasia Stashkevich, Ekaterina Krysanova, Mikhail Lobukhin, Evgenia Obraztsova, Maria Alexandrova, Ekaterina Shipulina, Ruslan Skvortsov und Alexander Volchkov bei einer Gala in Taschkent, der Hauptstadt des Nachbarlands Usbekistan aufgetreten. Für die Gründe für die Suspendierung gab es mehrere Versionen – entweder hatten die Solisten unberechtigt den Name und das Logo des Bolschoi-Theaters auf den Postern verwendet, oder sie hatten nicht formell um die Erlaubnis gebeten, dort zu gastieren. Es könnte sich auch um eine politisch motivierte Aktion handeln, weil der ehemalige Satellitenstaat Usbekistan sich zunehmend gegen die russische Politik stellt.

Das Bolschoi zeigt bisher weiterhin die Werke ausländischer Choreografen, für die noch aktuelle Verträge bestehen, etwa von Christopher Wheeldon, John Neumeier, Christian Spuck, John Cranko, George Balanchine und auch von Alexei Ratmansky, der wie viele andere Choreografen versucht hatte, seine Werke aus dem russischen Repertoire zurückzuziehen. Wenn diese Verträge und Lizenzen auslaufen, wird das Repertoire russischer Ballettkompanien zunehmend auf die Klassiker und moderne russische Choreografen schrumpfen.

Facebook Account Sergej Polunin

Der Tänzer Sergej Polunin, als geborener Ukrainer dennoch ein glühender Verfechter von Vladimir Putins Politik, trägt inzwischen drei Tattoos mit Putins Gesicht auf seinem Oberkörper. Er beschwerte sich Ende September auf seinem Instagram-Kanal darüber, dass er auf einer Tournee in Usbekistan zensiert worden sei. Anstatt sein schon länger bekanntes Solo zum Song „Take Me to Church” des irischen Musikers Hozier zu zeigen, hatte Polunin in Uniform zu einem russischen Propaganda-Lied getanzt und war dafür vom usbekischen Veranstalter kritisiert worden. Zur Operation seiner verletzten Achillessehne und zur Reha-Behandlung hielt sich Polunin zuvor samt Familie längere Zeit im arabischen Dubai auf.

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